Durch ungekünstelte Worte und Sätze, die durch Konzentration der Bilder und lautlose Kraft des Gefühls geprägt sind, findet unauffällig eine tiefe Verwandlung alltäglichen Sehens und Empfindens statt. Der Leser wird durch das poetische Geschehen berührt und sieht sich, ohne dass ihm billiger Trost verabreicht würde, merkwürdig gestärkt. Die Worte wirken bei ihr nochmals unverbraucht. Sie haben sich angefüllt mit ihrem ursprünglichen Sinn. Eine andere Nachbarschaft, ein neues Bild haben sie wieder glaubwürdig gemacht.

Der Stoff Ihrer Gedichte ist Leben und wechselhaft wie dieses folgen Humor und Spott auf Melancholie und Verzweiflung, Weisheit auf Tändelei und Ernst auf Spiel. Unvorhersehbar wie im Leben sind Dosis und Gewichtung, überraschend und spannend gestaltet sich die Lektüre dieses lebendigen Bilderbogens.

Genaue Beobachtung, poetische Stimmungen, nachvollziehbare Metaphern charakterisieren den Stil von Olly Komenda-Soentgerath. Starke Gefühle, leidenschaftliche Verluste, versteckte Tapferkeit, Entsagen, Hoffnung. Zwischen diesen Polen bewegt sich die Schriftstellerin in beeindruckender und beglückender Sprachgestaltung.

Die Lyrikerin hat der deutschsprachigen Gegenwartslyrik eine Stimme hinzugegeben. Ihre Worte wirken unverbraucht, ebenso wie die Themen, die seit eh und je in der Lyrik wiederkehren. Angefüllt mit ihrem ursprünglichen Sinn.

Sursum ist ein Sammlung von Elegien, von Schmerzensschreien und Gesängen über Liebe, Tod, Haß und innere Zerbrochenheit. Abgründe werden in poetischen Monologen ausgeleuchtet. Zuweilen kommen diese Langverse in die Nähe von Psalmen, von Ansprachen an ein unerreichbares Gegenüber. Andere wirken wie Filmsequenzen aus ständig wechselnder Perspektive. Dies fordert den Leser, dem keine Zeit zum Verweilen bleibt.