25 Jahre LAUDA FabrikGalerie
Rückblick · Einblick · Ausblick
Produktform: Buch / Einband - fest (Hardcover)
Dr. Gunther Wobser: Gemeinsam Neues wagen
Ein Unternehmen und eine Galerie? Das passt auf den ersten Blick nicht zusammen. Auf den zweiten aber schon. Unternehmen und Künstler haben Gemeinsamkeiten: Beide müssen Neues wagen. Bei Unternehmen ist es eine Überlebensfrage, auch Künstler müssen Neues ausprobieren, um jederzeit aktuell zu sein. Unternehmen handeln international, gerade wenn sie, wie LAUDA, in ihrer Nische Weltmarktführer sind und Internationalisierung notwendig ist. Künstler kennen ebenfalls keine Grenzen, weder in ihrem Wirken noch in den Sujets, die sie beschäftigen. Künstler lieben Kontraste. Auch Unternehmen müssen beides beherrschen: Die Ambidextrie beschreibt das so wichtige beidhändige Handeln, das Beherrschen des Kerngeschäfts im Jetzt und die Suche nach Innovation von morgen. Schließlich sind Künstler auch Unternehmer und müssen überleben, was gerade in Zeiten von Corona eine große Herausforderung gewesen ist. Eine Galerie passt also sehr gut in ein Unternehmen, und ich bin heute noch meinem Vater für diese grandiose Idee sehr dankbar.
Was bleibt in Erinnerung, wenn man 25 Jahre zurückblickt? Zunächst doch die Herausforderung, dass man eben noch an einem wichtigen Geschäftsprojekt arbeitet und dann zur Vernissage „muss“. Dafür musste ich nur durch eine Tür von meinem Büro ins Treppenhaus gehen und war schon in einer anderen Welt. Sofort habe ich mich in dieser Welt zu Hause gefühlt. Dort gibt es Bilder, die den Blick erweitern, ausdrucksstarke Objekte und Skulpturen und stolze Aussteller, die sich erstmals präsentieren. Die Idee lockt nicht zuletzt zahlreiche treue Kunstinteressierte, die sich immer wieder auf diese Höhepunkte freuen. Unternehmen müssen sich ständig verbessern, um langfristig ihr Überleben zu sichern. Das wollen wir mit der FabrikGalerie in dieser schlichten Logik bewusst vermeiden. Wir haben uns immer bemüht, eine Balance regionaler und internationaler Künstlerinnen und Künstler zu schaffen. Dabei reichte die Spanne vom engagierten Amateur bis zum malenden Kunstprofessor. Diese Spannung war uns wichtig. Dennoch gab es Innovation. Während von Anfang an die großen Vernissagen im Dezember fester Programmpunkt gewesen sind, gingen die anderen Künstler dazwischen etwas unter. Durch die innovativen Formate „Ma(h)lzeit“ und danach „Art After Work“ konnten wir auch ihnen eine beachtliche Plattform bieten. Die Vernissagen wurden im Laufe der Jahre immer größer. Mit Ben Willikens zogen wir von der viel zu engen Kantine in eine Fabrikhalle. Die Ausstellung mussten wir mit 400.000 Euro versichern, wahrscheinlich gar nicht genug. Bei der letzten Vernissage im Dezember 2019 war diese Fabrikhalle durch fest installierte Produktionseinrichtungen nicht mehr nutzbar, so dass wir in eine noch größere Halle unseres Anlagenbaus ausweichen mussten. Diese Halle war am anderen Ende der eigentlichen FabrikGalerie, so dass die Besucher sicher und stilvoll auf einem roten Teppich durch die dazwischenliegenden Hallen geschleust wurden. Ein riesiger Aufwand. Eindrucksvoll, aber vielleicht nicht mehr ganz im Geiste der FabrikGalerie als Werksschau im besten Sinne.
Jedes Jahr drucken wir den Kunstkalender mit einer Auflage von 1.500 Exemplaren und senden ihn an rund 250 Partner auf der ganzen Welt – gerade wegen des unhandlichen Großformats ein erheblicher Aufwand. Besonders beeindruckt war ich, als ich einst im fernen Japan bei der für uns zuständigen Vertriebsmitarbeiterin den Kunstkalender direkt am Arbeitsplatz vorfand. Ich weiß, dass besonders beliebte Motive ausgeschnitten und gerahmt werden und so ihren Weg in die privaten Wohnungen und Häuser finden.
In den zurückliegenden Jahren habe ich viele Gedanken formuliert: bei den Ansprachen anlässlich der Ausstellungseröffnungen und in einigen Vorworten für unseren beliebten Kunstkalender. Doch in Erinnerung bleiben die Begegnungen und die kleinen und großen Geschichten rund um die Ausstellungen. Die eindrucksvollsten Kunsterlebnisse hatte ich mit Ben Willikens. In mehreren Besuchen lernten wir uns kennen. Ist er öffentlich mit Äußerungen zurückhaltend, berichtet er doch im kleinen Kreis anschaulich und lebendig über seine Kunst und schier unglaubliche Erlebnisse aus der Kunstwelt. Ebenso zählen wir Künstler wie Peter Zaumseil, Stefan Soravia, Thomas Reichstein und Doreen Wolff, Rainer Englert und das japanische Künstlerehepaar Kato zu unserem erweiterten Freundeskreis. Einige Begegnungen in den Ateliers, aber auch in unserem Privathaus waren für meine Familie und mich wirklich besondere Erlebnisse. Unvergessen ist die Vernissage mit dem Ehepaar Kato, bei dem Atsuko Kato, angeregt durch die Resonanz aus dem Publikum, in einer übervollen, sauerstoffarmen Kantine immer weitere Haikus, typische japanische Gedichte, zum Besten gab. Eindrucksvoll auch das Sich-fallen-Lassen des Künstlers Giorgio, aus der sitzenden Position direkt auf die Bodenfläche, um dann die Tanzperformance mit seiner Partnerin zu starten. Dramatisch die Ausstellung mit Holger Thullner. Seine Skulptur „Naziträume“ zeigte einen als kleines Kind dargestellten Adolf Hitler, der ein Flugzeug in der Hand hielt. Als uns Geschäftspartner aus England besuchten, blieben sie irritiert stehen. Glücklicherweise konnte ich in diesem Moment erklären, dass die Darstellung Adolf Hitler lächerlich machte und dies meines Erachtens unmissverständlich als künstlerisch umgesetzte Kritik am Nationalsozialismus und an rechten Strömungen der Gegenwart verstanden werden muss. Diese Erklärung stellte meine Besucher zufrieden. Um weitere Missverständnisse zu vermeiden, erstellte ich nach intensiver Diskussion schließlich ein Hinweisschild in Deutsch und Englisch, dessen Text die Ausstellung des Exponates rechtfertigte.
Die meisten Erinnerungen habe ich an Norbert Gleich, dem wir so viel zu verdanken haben. Ich persönlich bewundere ihn als Künstler und habe sehr viele seiner Werke privat erworben. Gerade, während ich diese Zeilen schreibe, schaue ich auf eine unwahrscheinlich schöne Trilogie von Holzschnitten. Norbert Gleich war aber auch bei LAUDA der Laudator. Bei einer unserer letzten Begegnungen fielen wir uns nach seiner überwundenen Krankheit vor Dankbarkeit in die Arme. Norbert Gleich war ein großartiger Mensch und wird durch dieses Buch in besonderer Weise gewürdigt.
Durch den Ankauf eines Werkes jeder Ausstellung haben wir inzwischen neben der FabrikGalerie auch in den Geschäftsräumen eine beachtliche Ausstellung angesammelt. Dieses Buch würdigt alle Mitwirkenden, insbesondere die Ausstellenden durch die Abbildung ihrer Werke, und alle Unterstützer im Unternehmen und im Kunstkreis Lauda-Königshofen sowie meinen Vater als Erfinder der FabrikGalerie.weiterlesen
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