Abschied von der „Totalen Institution“
Zur Entwicklung der Psychiatrie in Reichenau (Baden) und Münsterlingen (Thurgau) von 1945 bis 1996
Produktform: Buch / Einband - fest (Hardcover)
Nach dem Kriegsende 1945 stand die deutsche Psychiatrie vor einem massiven Vertrauensverlust. Zahlreiche in der Psychiatrie Tätige waren in der NS-Zeit an Zwangssterilisationen und Massenmorden an psychisch Kranken aktiv beteiligt gewesen. Kontinuitäten nach 1945 in einzelnen Kliniken, wie auch in Reichenau, verstärkten das Misstrauen gegen die Nachkriegspsychiatrie.
In vielen deutschen psychiatrischen Einrichtungen der Nachkriegszeit wurde eine kustodiale Psychiatrie praktiziert. Moderne Behandlungskonzepte fanden in der deutschen Nachkriegspsychiatrie kaum Beachtung. Anhand des Fallbeispiels des heutigen Zentrums für Psychiatrie Reichenau untersucht der Autor, ob der von Goffman geprägte Begriff der Totalen Institution die Situation in der Reichenau nach der Wiedereröffnung 1949 zutreffend beschreibt und wann der Abschied von der Totalen Institution einsetzte.
Im zweiten Teil des Buches wird in einem sozialgeschichtlichen Vergleich zwischen der deutschen Landesanstalt Reichenau und der schweizerischen kantonalen Anstalt Münsterlingen untersucht, ob die NS-Zeit in Deutschland bzw. das Fehlen dieser Epoche in der Schweiz unterschiedliche Entwicklungen hervorrief. Das Buch möchte einerseits im Kern den Wandel der gelebten Regeln innerhalb der Institutionen Reichenau und Münsterlingen verfolgen und aufdecken, andererseits aber die Organisationsgeschichte der Reichenau von 1949 bis 1996 darstellen. Die Monografie vernetzt organisations-, dogmen- und sozialgeschichtliche Zugänge zu einer fallorientierten Geschichte der neueren Psychiatrie. weiterlesen
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