Am Dünenstrand der Ostsee
Skizzen und Erinnerungen aus den Ostseebädern
Produktform: Buch / Einband - flex.(Paperback)
Der Berliner Journalist und Schriftsteller Adolph Kohut unternimmt eine Reise von Stettin und Swinemünde nach Misdroy auf Wollin, zu den Ostseebädern auf Usedom und auf die Insel Rügen.
Dabei plaudert er angeregt aus dem Nähkästchen des deutschen Bildungsbürgertums im ausgehenden 19. Jahrhundert, kurz nach der Reichsgründung 1871. Anekdoten, Sagen und Schwänke, Adelsstolz und Seegefechte, Tratsch und Poesie sind seine Welt, aus der er unterhaltsam, zuweilen auch geschwätzig zu erzählen weiß. Kohut war Patriot, Feingeist und Plagiator. Was ihm an Gedrucktem brauchbar erschien, nahm er mit, seitenlang hat er abgeschrieben. Besonders großzügig bediente er sich in der 1840 erschienenen Rügenschen Sagensammlung des westfälischen Schriftstellers und Politikers Jodocus Temme (1798–1881) und bei dem Stralsunder Dichter Ludwig Kübler (1817–1875), der sich als Redakteur der Zeitung "Der Fortschritt" für die Ideen und Ziele der bürgerlichen Revolution 1848 engagiert und nach deren Scheitern einen Tabakladen betrieben hatte.
Adolph Kohut wurde am 10. November 1848 in dem südungarischen Städtchen Mindszent in einer armen, kinderreichen jüdischen Familie geboren. Sein Vater war Talmud-Gelehrter. Er studierte am Jüdisch-Theologischen Seminar in Breslau, an der Friedrich-Wilhelms-Universität Breslau und an der Friedrich-Wilhelms-Universität, dem Vorgänger der Humboldt-Universität, in Berlin. An der Alma Mater Jenensis wurde er 1878 zum Dr. phil. promoviert. Er arbeitete mit Karl von Holtei in der Redaktion der Breslauer Nachrichten, war Redakteur der Düsseldorfer Zeitung, der Tribüne in Berlin und der Berliner Zeitung. Danach arbeitete er bei der Zeitschrift "Deutsches Heim. Illustriertes Unterhaltungsblatt für alle Stände". Am 13. September 1884 wurde der als "Mißliebiger Ausländer" aus Preußen ausgewiesen. Er lebte 5 Jahre in Dresden (Gutzkowstraße 16), bis er nach Berlin zurückkehren durfte. Nach langer schwerer Krankheit starb er am 22. November 1917 in seiner Berliner Wohnung Courbierestraße 7.
Kohut verfaßte mehr als 120 Bücher sowie unzählige journalistische Beiträge. Er befaßte sich mit Goethe, Schiller, Kleist und Wieland, aber auch mit Bismarck und Ferdinand Lasalle, mit Fragen des Judentums, mit Moses Mendelssohn, Heinrich Heine, Carl Maria von Weber, Clara Wieck und Robert Schumann; aus Kohuts Feder stammen das "Buch von der Schwiegermutter" (1888), das "Buch berühmter Duelle" (1888) und die "Ruhmesblätter des Hauses Wettin" (1889).
Biografische Notizen zu Adolph Kohut finden sich unter anderem in Franz Brümmers "Lexikon der deutschen Dichter und Prosaisten vom Beginn des 19. Jahrhunderts bis zur Gegenwart" (1913), im "Jüdischen Lexikon" (1928) und in der "Jewish Encyclopedia" (1906). Eine wissenschaftliche Auseinandersetzung mit seinem Leben und Werk ist ein Desiderat der Forschung.
Die Originalausgabe seines Ostseebuches ist heute nur in sehr wenigen öffentlichen Bibliotheken vorhanden. Mit der Neuausgabe in der Edition Gellen soll es wieder unkompliziert zugänglich gemacht werden – im Sinne einer kulturhistorischen Denkmalpflege und als Einladung, der ostdeutschen Ostseeküste einmal nicht durch praktisch orientierte Reisebegleiter oder populärwissenschaftliche Abhandlungen zu begegnen, sondern aus der privaten Sicht eines jüdischen deutschen Intellektuellen des 19. Jahrhunderts.weiterlesen
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