Wer sich mit zeitgenössischer iranischer Literatur befasst, kann das Genre der Kurzgeschichten nicht unbeachtet lassen. Denn in Lyrik und Kurzgeschichten können, im Gegenteil zu Romanen, punktuelle Beobachtungen über die Gesellschaft angefertigt werden, ohne viel erklären zu müssen und dadurch die Aufmerksamkeit der Zensurbehörde auf sich zu ziehen.
Wie auch in ihren Romanen sind die zentralen Themen der Kurzgeschichten Vafis die intimen Alltagserfahrungen von Frauen, die versuchen, unabhängig von gesellschaftlichen Beschränkungen ihren eigenen Weg zu gehen. Vafis fließende Sprache schafft es dabei, eine große Nähe zu den Charakteren zu erzeugen, die sich auch in der Übersetzung wiederfindet.
Immer wieder kommt es in den Kurzgeschichten zu Spannungen zwischen Tradition und Progressivität, zwischen Einsamkeit und dem Wunsch nach Unabhängigkeit. So wird in Vafis Literatur eine Komplexität menschlicher Beziehungen nachgezeichnet, die universell ist und jenseits sprachlicher und gesellschaftlicher Grenzen bei den Lesenden Resonanz findet.weiterlesen