Anna selbdritt
Bilder einer wirkungsmächtigen Heiligen
Produktform: Buch / Einband - fest (Hardcover)
Was machte die Hl. Anna so attraktiv?
Eine Antwort findet sich am ehesten in den Darstellungen, die die heilige Anna in Beziehungen zeigen, etwa zu der von ihr begründeten ‘Sippe Jesu’ (nach einem apokryphen Evangelium) und zu anderen Heiligen, die in ihrer Nähe platziert werden. Die Autorin untersucht zunächst den Altaraufsatz der Heiligen Sippe im Kloster Preetz (Holstein), der um 1510/20 entstanden ist und noch heute dort steht. Ein dort ebenfalls bewahrtes Buch, ab 1471 von einer Priörin dieses Frauenklosters geschrieben, lässt verständlich werden, welch faszinierendes Identifikationsangebot für Frauen von Anna ausgegangen ist. Der theologischen Bedeutung der Anna selbdritt als einer „irdischen Trinität“ geht die Autorin ebenso nach wie der Frömmigkeitspraxis der Familien, die ihre Töchter ins Kloster gaben und der Rolle, die die Begriffe „rein“ und „unrein“, verbunden mit weiblicher Sexualität, spielten.
Die legendarische Geschichte der heiligen Anna verdankt sich dem Bedürfnis der Gläubigen, mehr über Maria und deren Jungfräulichkeit zu erfahren, denn die Evangelien sprechen von den Brüdern Jesu. Um daraus wenigstens Vettern werden zu lassen, musste Anna dreimal verheiratet gewesen sein. Als Großmutter Jesu konnte sie den Gehorsam des Erlösers einfordern zur Erfüllung der an sie gerichteten Gebete – eine Macht, die an Magie grenzte. Diese Kultpraxis, von Bruderschaften und Humanisten aufgebaut, fand mit der Reformation ihr vorläufiges Ende. Bestand aber hatte der Glaube, dass Anna, die erfahrene (mitunter jugendlich gegebene) Frau, Mutter und Witwe, bei Schwangerschaften und Geburten helfen konnte. „An ihrem Bild wird deutlich, dass Virginität nicht eigentlich physisch zu verstehen ist, sondern die Möglichkeit weiblicher Integrität und Autonomie in einer männlich dominierten Welt symbolisiert“, so die Autorin.
Ihre anschließende Betrachtung von ‘Varianten des Annenbildes’, wie sie die Kunstgeschichte bietet, zeigt zunächst Geborgenheit vermittelnde Bilder. Ende des 15. Jahrunderts kommt es zu einer Veränderung der Figuration: beide Frauen nebeneinander sitzend, das Kind zwischen sich. Die Autorin führt sie zurück zum ‘ersten Bad des Kindes’ aus byzantinischen Geburtsbildern und damit zu der ‘verdrängten’ Geschichte der Hebamme Salome, mit der das Bild der heiligen Anna verschmolzen zu sein scheint. Hier kommt erneut die Vorstellung von „rein und unrein“, gebunden an weibliche Körperlichkeit, ins Spiel. Wasser und Hand (die der Hebamme) werden zu den bestimmenden Merkmalen bei Annen-Bildern bis in die Neuzeit.
Das letzte Kapitel behandelt die Kult-Bündelung von Anna und Antonius in der Heilung bei Mutterkornbrand: Der Wüstenheilige ist auch auf einem Flügel des Preetzer Annen-Altars präsent, „sein“ Antoniter-Orden widmete sich derart Erkankten. Mutterkorn spielte als Wehenmittel und Abortivum eine Rolle, konnte aber auch Lähmungen und Abfaulen der Gliedmaßen sowie Halluzinationen hervorrufen. Stichworte wie „Ekstase und Vergiftung“ oder „Blutige Tränen“ deuten an, welche Entdeckungen in der Kulturgeschichte mittels der Bilder der Anna selbdritt zu machen sind.weiterlesen
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