Es ist wohl wahr, das Wort von Cicero. Gemeint ist sein Wort, das er an jenen richtete, der sich der Aufgabe verschrieben hatte, schreibend Geschichte darzustellen: „Wage nie, etwas Falsches zu sagen, noch etwas Wahres nicht zu sagen.“ (Und wenn man es von seinem Lateinischen abschreibt: Ne quid falsi dicere audeat, ne quid veri non audeat.) Aber – will man dies kluge Wort von Cicero gegenwärtig im Falle einer Niederschrift von Geschichte befolgen, so sollte man freilich zuvor zu ergründen suchen, ob nicht vom Grunde her falsch ist, was vom Früheren her bis hierhin als Falsches oder als Wahres galt. Vielleicht wurde ja das Falsche falsch begründet, und vielleicht auch wurde falsch das Wahre begründet. Und es geschah bei den Früheren sicher im guten Glauben, ohne Sophisterei, jeweils das Wahre und das Falsche ganz rein als solches richtig benannt zu haben. Also, die Befürchtung (wie Goethe sie zum Beispiel gegenüber Hegel im Hinblick auf die Dialektik mal etwa so zum Ausdruck brachte), dass man mit Hilfe der Dialektik das Wahre falsch und das Falsche wahr zu machen versuche, mag hier nicht zutreffen. Wahr (!) ist freilich auch, dass im üblichen Sprachgebrauch mit nichts so „besinnungslos“ umgegangen wird, wie dies mit dem Wort Wahrheit geschieht. Es ist nun mal so, so mancher sollte zuvor seine Fähigkeit und Lauterkeit zur Wahrhaftigkeit prüfen, bevor er es unternimmt, (s)eine Wahrheit zu fabrizieren. Und schon kommt man – um es mal so unphilosophisch zu sagen – ins Grübeln. „Es ist wohl wahr, das Wort von Cicero.“ Jene Forderung dieses Skeptikers ist im Kern ja auch eine ganz famose. Es erhebt sich daher freilich, wie die Überlegungen oben andeutungsweise zeigen, sofort die grundsätzliche Frage, was denn (die) Wahrheit sei. weiterlesen