Kannibalen treten bei uns manchmal als perverse Einzeltäter auf, außerdem ist Hungerkannibalismus vorgekommen, etwa bei Hungersnöten oder auf den Floßen Schiffsbrüchiger. Im Übrigen stampfen in Kannibalenwitzen urdumme Wilde um den Kochtopf, aus dem der Kopf eines Weißen mit Tropenhelm hervorlugt.
Doch soll es auch Kulturen gegeben haben, in denen Kannibalismus ein anerkannter Brauch war, und diese Kulturen waren keineswegs so wild und dumm wie die Kannibalenwitze. Mit solchen Fällen von Kulturen, in denen Kannibalismus in komplexe religiöse Vorstellungen und Rituale eingebettet gewesen sein soll, befasst sich dieses Buch: Gab es diesen Kannibalismus wirklich, oder sind das nur Übertragungen perverser europäischer Phantasien auf andere Gesellschaften? Die Autoren fällen kein endgültiges Urteil, sondern tragen Fälle und Argumente zusammen.
Gesamtautor ist Mark Münzel, doch wurden die Kapitel über die Urgeschichte (vom Neandertaler bis zu Vorfahren heutiger Bewohner der Harzregion) und über den Ansatz eines medizinischen Beweises der einstigen Realität von Kannibalismus von Peter Herbert Kann und Mark Münzel gemeinsam verfasst. Beide Autoren sind Professoren an der Philipps-Universität Marburgweiterlesen