Den Autor Erich Grisar (1898-1955) gilt es neu zu entdecken. Anhand seiner Lyrik, die zu den bedeutendsten Zeugnissen des Expressionismus gezählt wird; anhand seiner Erzählungen, die mit Werken von Heinrich Böll, Siegfried Lenz und Wolfgang Weyrauch verglichen werden; vor allem aber auch anhand seiner sozialen Reportagen, die authentische Einblicke in das Alltagsleben zwischen 1920 und 1945 gewähren. Grisars Hauptthema war die Arbeitswelt des Bergbaus, die als Fron, aber auch als Faszinosum beschrieben wird. Grisar war weit mehr als ein traditioneller Arbeiterdichter. Talent, Ambition und literarisches Formempfinden weisen – ähnlich wie etwa bei Paul Zech – weit über die lokale Sphäre und das enge Thema Arbeitswelt hinaus.
Das vorliegende Buch versammelt Gedichte und Erzählungen Grisars, die zuvor meist in kleineren Verlagen der Arbeiterbewegung erschienen und seit langem nicht mehr greifbar sind. Hinzu kommen Texte aus dem Nachlass, der umfangreiches unveröffentlichtes Material (Werkmanuskripte, journalistische Arbeiten, rund 1.100 Briefe) enthält. Die Erschließung des Nachlasses ist auch deshalb seit Jahrzehnten ein dringendes Desiderat, weil er Texte enthält, die zu Lebzeiten Grisars wegen ihrer kritischen Tendenz nicht erscheinen konnten.
Mit dem hier vorgelegten Materialfundus sollen der Grisar-Forschung, aber auch allgemein der Erforschung der Ruhrgebietsliteratur neue Impulse verliehen werden. Die jüngere Literaturforschung (Renate von Heydebrand, Dieter Sudhoff, Dirk Hallenberger) würdigt Grisar unisono als höchst respektablen Autor, der längst eine Wiederentdeckung verdient gehabt hätte. Dieter Sudhoff gelangte zu dem Urteil: 'Die westfälische Literatur hat […] etwas gutzumachen an Erich Grisar.' Die nun vorgelegte erste Werkauswahl des Autors mag hierfür ein neues Fundament bieten.weiterlesen