Der seinerzeit vorherrschenden Medien-Skepsis (Frankfurter Schule) folgte Bachmann nicht; Medien waren für sie keine Antagonisten der Kunst. Die Autoren des Bandes gehen jenen Spuren in ihrem Werk nach, wo sie im Gegenteil die Medien als Bedingung ihrer Poetik reflektiert.
Die Kunst im technischen Zeitalter ist der Titel eines Vortrags, den die Ich-Figur von Ingeborg Bachmanns Malina zu Beginn des Romans besucht. Der Vortragstitel erinnert an Werner Heisenberg und Martin Heidegger, vor allem aber daran, dass Kunst und Technik (gr. techne) bei Bachmann keinen Gegensatz bilden. Seit ihren ersten Hörspielen handeln Bachmanns Texte von Verkehrsformen und Transportmitteln, von Apparaten und Medien: dem Radio, Telefon und Telegramm, der Postkarte und dem Briefverkehr. So überraschend banal die übermittelten Botschaften oftmals sind, so obsessiv ist Bachmanns Ausstellen der Apparaturen, ihre Rede über das Medium, über die Störungen und Unterbrechungen von Kommunikation. Bemerkenswert ist, dass sich Bachmann dabei keineswegs abwehrend gegenüber den Medien verhält. Sie ist keine Medienkritikerin wie ihre Zeitgenossen Theodor Adorno und Günther Anders, vielmehr reflektiert sie Medien als Bedingung ihrer Texte. In Bachmanns Schriften konstituieren Medien die Botschaft, stellen oftmals aber auch Syntax und Semantik auf die Probe.
Die hier gesammelten Beiträge folgen den zahlreichen Spuren ihrer postalischen Krisen, den Nachrichtenkurrieren und verfehlten Botschaften, sie rekonstruieren die Medienpoetik ihrer Sprachbilder, ihrer musikalischen Stimmen oder des Radios – und sie eröffnen damit neue Zugangsweisen zu Bachmanns Werk.weiterlesen