Im Kino der Gegenwart findet sich eine deutliche Tendenz zur Erkundung von negativen Emotionen, von ‹schlechten› Gefühlen. Ob Scham, Hass, Ekel, Langeweile, Schmerz,Einsamkeit: Regisseure wie Lars von Trier, Catherine Breillat, Gaspar Noë, Michael Haneke, Tsai Ming Liang, Chan-wook Park, Ulrich Seidl, Takashi Miike, Bruno Dumont oder Vertreter der Berliner Schule erproben in ihren Filmen Stimmungen und Emotionen, deren Register vom bloß Unangenehmen bis zum schlichtweg Unerträglichen reicht. Man könnte auch sagen, dass damit Gefühlslagen in den Horizont des Welt(autoren)kinos treten, die im Experimental- und
Undergroundfilm mindestens schon seit den 1960er Jahren zum Fächer der filmischen Emotionen gehören, von Andy Warhol über Peter Gidal und Steve Dwoskin bis Valie Export und den Wiener Aktionisten. Die gezielte Evokation von Ekel und empathischem Schmerz zählt aber auch seit alters zu den rhetorischen Strategien bei medizinischen Aufklärungsfilmen oder politischer Agitation. Aber auch das klassische (Genre-)Kino spielte mit dem Reiz unangenehmer Affekte wie Angst, Schock oder Ekel. Manche Filme lösen während oder nach der Sichtung Ambivalenzen oder Gefühle wie schlechtes Gewissen, Trübsal, Ärger oder Aggression
aus. Schließlich werden schlechte Gefühle auch im Fernsehen ausgiebig kultiviert, vor allem in den seit fast zwei Jahrzehnten produzierten ‹Reality›-Formaten.
Die Themennummer 'bad feelings' stellt das Bewegtbild als Medium einer 'education asentimentale ' ins Zentrum und erkundet Kino und Fernsehen als Spielräume der Entfaltung schlechter bis scheußlicher Gefühle. Der Schwerpunkt umfasst beiträge von MurraySmith, Chris Tedjasukmana, Heather Love, Daniel Kuller, Vinzenz Hediger und anderen.weiterlesen