Baumeister Keßler
Produktform: Buch / Einband - flex.(Paperback)
In diesem Roman ist jener moderne rücksichtslose Streber gezeichnet, der uns in allen Ecken des Lebens begegnet. Ihm ist es nur um sein Vorwärtskommen zu tun. Die besten Empfindungen, die ihn an liebenswerte Menschen fesseln könnten, werden von seiner maßlosen Streberei überwuchert.
Die Anregung zu diesem Roman gab ein großer Theaterbau, der, je weiter er fortschritt, in umso größere Schwierigkeiten geriet. Er bot das typische Beispiel für eine gewisse unsolide Art der Bautätigkeit, die einst wie heute noch im Schwung ist. Man beginnt mit unzureichenden Mitteln, kommt mitten im Bau nicht weiter und ist schließlich den wuchernden Manipulationen einer gewissen Sorte von Geldgebern preisgegeben.
Ja diese rein stoffliche Handlung setzte ich das Schicksal eines jungen Baumeisters, der, ohne ein Genie darzustellen, sein Handwerk versteht und rein menschlich betrachtet, Vertreter des Durchschnitts ist.
Er möchte um jeden Preis Karriere machen - wenn es sich durchsetzen lässt, mit anständigen Mitteln, andernfalls ist er mit Mitteln hemmungslos genug, um vor keiner Handlung zurückzuschrecken, sofern sie nicht mit dem Strafgesetzbuch zusammenstößt.
Er möchte die Frau heiraten, die ihn auf seinem Wege angefeuert und vorwärts getrieben hat - und er läßt sie mit einem mitleidigen Achselzucken fallen, als er erkennt, daß er nur den Bau zu vollenden vermag, wenn er sich mit der Tochter seines einflussreichen Geldgebers verbindet.
Dem Verfasser lag indessen jede moralische Betrachtung fern. Die Figur, auf die es ihm ankam, ist an sich weder gut noch böse - sie steht vielmehr unter dem Druck ökonomischer Verhältnisse, von denen ihr Tun und Handeln reguliert wird.
Schließlich ist es ein armer, bemitleidenswerter Teufel, der auf sein Lebensglück verzichten und unter dem Drang und Zwang seiner Lage eine Vernunftehe eingehen muß, um sich über Wasser halten zu können.
Also die Geschichte eines Schiffbrüchigen und innerlich Verlorenen, auch wenn er, rein äußerlich betrachtet, die vorgezeichnete Karriere macht: der Bau wird errichtet, aber er selbst bekommt seinen Knax, ist in seinem Lebensnerv getroffen.
Das Buch war ein Zwischenspiel innerhalb meines Schaffens. Obwohl es vom Typischen ausgeht und keinen Individualfall ins Auge faßt, mußte es sich dreiste Auslegungen gefallen lassen. Man spürte Modelle auf, an die der Verfasser niemals gedacht hatte - man warf ihm vor, in das Geschick Lebender eingegriffen zu haben.
Solche Absicht hatte ihm gänzlich fern gelegen - von alledem konnte nicht die Rede sein. Aber nachdem der blinde Lärm einmal entstanden war nicht nur zur Ruhe kommen wollte, entschloß er sich kurzerhand, auf weitere Auflagen zu verzichten.
Nun ist darüber ein Vierteljahrhundert vergangen. Die Angriffsflächen sind nicht mehr vorhanden. Und dem Autor erscheinen der Handlung ebenso wie die Figuren eine gewisse Lebenswahrheit zu enthalten, die den Jahren getrotzt hat (und den Widerbelebungsversuch deshalb rechtfertigt).
Westend, im Juli 1929
Felix Hollaenderweiterlesen
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