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Beiträge zur Kompositionspädagogik und grafische Partituren

Produktform: Buch / Spiralbindung

Vorwort von Armin Köhler Musik – Grafik – Musikalische Grafik Aggregatzustände Musik ist schon ein eigentümliches Phänomen. Wie Wasser besitzt sie mehrere Aggregatzustände. Das war nicht immer so. Als sie noch ausschließlich mündlich weitergegeben wurde, kannte sie nur einen Zustand: den klanglichen. Das heißt, sie war eine flüchtige akustische Erscheinung wie die gasförmige Form von Wasser, um im Bild zu bleiben. Später dann, im frühen Mittelalter, als die Musik immer komplexer wurde, als es galt Klangorganisationen in immer größerem Ausmaß zu bewerkstelligen, kristallisierte sich in unterschiedlichen Varianten ein zweiter Aggregatzustand heraus: der schriftliche. Mit ihm war es möglich, die Flüchtigkeit auszutreiben, klangliche Ideen festzuhalten, also zu speichern. Da aber niemals alle Details einer musikalischen Erfindung notierbar waren, blieb auch bei diesem Zustand immer ein Rest Unverbindlichkeit und Flüchtigkeit, vergleichbar etwa mit dem flüssigen Zustand des Wassers. Mit der Er- findung der Elektrizität im 20. Jahrhundert kam schließlich der dritte Aggregatzustand hinzu, den ich als "gefrorene Zeit" charakterisieren möchte: die Speicherung auf einem Medium wie Schallplatte, Tonband oder auf einem digitalen Medium. Ein ganz besonders flüchtiges Stadium im Zwischenbereich von Klang und Bild ist die Musikalische Grafik. Entwicklungsgeschichtlich geht die Entstehung der Notenschrift einher mit dem Bestreben, das Moment des Flüchtigen bannen zu wollen, um seiner habhaft zu werden und es zu jeder Zeit verfügbar zu machen: das Haftende und Zusammenhaltende einer Schrift versetzt Musik in einen lesbaren Aggregatzustand, durch den sie reproduzierbar, aber auch komponierbar wird. Musik steht uns durch ihre Aufzeichnung zur Verfügung. Wir können sie damit analysieren, manipulieren und sie in unseren Entwicklungsprozess mit einbeziehen. Die Notenschrift ist also ein Speichermedium von Klang. Die Notenschrift ist zugleich aber auch mehr und weniger als eine Schrift: sie ist ein Bild, eine Werkzeichnung, eine grafische Darstellung, ihr ist mithin immer auch ein gewisser ästhetischer Wert eigen. Sie kennen sicherlich die wunderschönen Tabulaturen des Mittelalters, die Musikdrucke Josquin Desprez' oder die dynamische, die klangliche Linienführung geradezu nachzeichnende Handschrift Johann Sebastian Bachs, die in Drucken mittlerweile so manches Wohnzimmer schmückt. Diese ästhetische Komponente erhielt im 20. Jahrhunderts teilweise einen Eigenwert, in dessen Folge sich eine vollkommen neue musikalische Gattung, die Musikalische Grafik, herauskristallisieren konnte.weiterlesen

Sprache(n): Deutsch

ISBN: 978-3-935638-99-9 / 978-3935638999 / 9783935638999

Verlag: Kessel, Norbert

Erscheinungsdatum: 01.05.2006

Seiten: 65

Auflage: 1

Vorwort von Armin Köhler
Autor(en): Gerhard Haugg

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