Bleiben Sie bitte, PatIn! Diesem Projekt/diesem Kunstkatalog liegt mein Interesse für die Wechselwirkung zwischen unserer Anwesenheit und unseren Handlungen mit den umräumlichen Gegebenheiten zugrunde. Es erscheint mir wichtig zu hinterfragen, was einen Ort zu dem macht, was er ist, aus welchen Teilchen er besteht. Die konkrete Umgebung, die ich seit Jahren, in einem etwas größeren Radius seit Jahrzehnten, erwandere und begehe, ist für mich eine sehr berührende, schöne und interessante Landschaft. Landschaft verändert sich naturgemäß, über Monate und Jahre, manchmal ohne, doch meistens mit unserem Zutun. Wir erleben hier dieser Tage große Interventionen im Bergbau und in der Forstwirtschaft, ebenso folgenschwere, Klimawandel-Bedingte Wetterauffälligkeiten. Des Menschen Sehnsucht nach schönen, perfekten Landschaften mag zwar letztendlich Selbstbetrug sein, trotzdem halten wir gerne an der Darstellung perfekter Situationen und Landschaften fest. Diese Betrachtungen und Darstellungen erzählen allerdings nicht vom leisen Verschwinden, den neuen Leerstellen im System. Mein künstlerisches Augenmerk ist gerichtet auf dieses, wie mir scheint, wesentliche Detail; und hat entsprechend meiner Bildsprache und Arbeitspraxis des Sichtbarmachens mittels linearer, reduzierter Strukturen ein Anliegen, über die künstlerische Auseinandersetzung hinaus. Ich habe bei ‚Bleiben Sie bitte, PatIn!‘ im Frühling/Sommer 2021, oft für uns unmerklich verschwindende und gefährdete Pflanzen aus meiner Umgebung bestimmten Personen zugeordnet und diese durch Patenschaften miteinander verknüpft. Diese 10 Pflanzen der Region stehen stellvertretend für die vielen schützenswerten und unter Schutz stehenden Arten, die Auswahl dieser war subjektiv. Die betreffenden Personen übernehmen für ‚ihre‘ Pflanze bei einem Besuch eine symbolische Patenschaft und erhalten als Gegenwert für diese Vereinbarung eine Zeichnung, die ich zu dieser Begegnung angefertigt habe. Eine ‚Patenschaft‘ zu übernehmen, also eine Beziehung zu einem Gewächs, etwa einer Grasart, einer Blütenpflanze oder einem Baum herzustellen, ist selbsterklärend und unspektakulär. Doch gemeinsame, sinnliche Erfahrungen zu machen ist wesentlich, vor allem dann, wenn sie zu Projektionsflächen von Sehnsucht und Hoffnung werden. Die Verantwortung für ein kleines Detail innerhalb des überwältigenden Ganzen bewusst zu übernehmen, könnte bedeuten, für sich persönlich etwas in Gang zu setzen und eine kleine Leerstelle im bereits lückenhaften Raster unserer unmittelbaren Umgebung wieder mit konstruktiver, zuversichtlicher Anteilnahme zu füllen. Sabina Hörtnerweiterlesen