Bloch-Almanach 28/2009
Periodikum des Ernst-Bloch-Archivs der Stadt Ludwigshafen am Rhein
Produktform: Buch
Der Bloch-Almanach erscheint in seiner 28. Folge dreiteilig. Er dokumentiert den Ernst-Bloch-Preis 2009, der an die Politische Philosophin Seyla Benhabib von der Yale University und, als Förderpreis, an Ralf Becker von der Universität Kiel verliehen wurde. In den Reden sowie in der Laudatio von Micha Brumlik wird Blochs Geist der Utopie in Beziehung zu den drängenden Fragen unserer Zeit gesetzt. Seyla Benhabibs leidenschaftliches Statement für die „Rechte der Anderen“, der Migranten, politisch Verfolgten und Armen, schlägt Brücken für ein Weltbürgertum, in dem Naturrecht und menschliche Würde einander bedingen. Sie plädiert für eine „planetarische Ethik“ und einen „globalen öffentlichen Raum“. Für Ralf Becker ist „Bloch der Gegenwartsphilosoph, der die erotische Natur des Philosophierens wiederentdeckt hat“, was sich vor allem in den Essays erweise.
Der zweite Teil wird unter das Schwerpunktthema „50 Jahre Ernst Bloch: Das Prinzip Hoffnung“ gestellt, in dem sich auch die Jahresausstellung 2009 des Ernst-Bloch-Zentrums „Docta spes. Wir haben das Hoffen zu lernen“ widerspiegelt. In den auf Vorträgen bzw. Kunstaktionen basierenden Essays geht es um höchst aktuelle Reflektionen darüber, was das Prinzip an der Hoffnung sei gerade in heutiger Zeit. Jan Robert Bloch lenkt den Blick zurück auf das Original, Blochs Hauptwerk „Das Prinzip Hoffnung“, sein Zustandekommen, seine philosophische Tiefe und seine weitreichende, ja historische Einordnung. Martin Seel bringt in „Drei Regeln für Utopisten“ konkrete Kriterien in die Debatten über das Utopische: Denkbarkeit, Erfüllbarkeit und Erreichbarkeit. Damit ‚säkularisiert‘ Seel das häufige, sogar in der Wissenschaft betriebene Metaphysische der Utopie. Sven Hanuschek beleuchtet das Jahr 1959, das „annus mirabilis“. Es ist das Jahr, das über die Wirkung der damals erschienenen Schriften von Grass, Böll, Johnson und von Bloch nachdenken lässt, in denen die ost- wie die westdeutschen Intellektuellen zum Sprechen gebracht wurden. Wolfgang Schopf zeichnet anhand bisher unveröffentlichter Briefe plastisch ein Bild von den ‚Spuren Blochs zu Suhrkamp‘. Der Weg gleicht einer ‚großen Fahrt‘, vorbei an Skepsis (wie bei Adorno), hin zur großen Entdeckung durch Siegfried Unseld, dessen Gespür „Das Prinzip Hoffnung“ „an die Seite der großen Bücher unseres Jahrhunderts“ gerückt hat. Constanze und Norbert Illig beleuchten das Prinzip Hoffnung in „Kunst kommt von Denken“ vom Innenleben der Architektur und der Kunst her. Kunst solle „gedacht“ werden, wozu jeder Mensch fähig ist, wie zur Utopie auch, um zur Überschreitung zu werden. Doris Zeilinger betont die frühe Bedeutung der Naturphilosophie im Denken von Ernst Bloch, die sich erstmals im „Prinzip Hoffnung“ niederschlug und erst heute „als Chance für Gestaltungsmöglichkeiten in Naturallianz“ erkannt wird. Klaus Kufeld gibt ein Spiegelbild der lebhaften Rezensionen des „Prinzips Hoffung“ in den Jahren 1959/60, in denen sich die komplexen Umbruchzeiten der Nachkriegswelt zum Ausdruck bringen. Er zeigt, dass die Hoffnungsphilosophie auch heute ein Zeichen gegen den Kulturpessimismus setzen kann.
Den dritten Teil bildet ein bedeutender, längerer Essay „Ernst Bloch à la rencontre de la phénoménologie“ von Lucien Pelletier. Der Autor beleuchtet den „jungen Bloch“ und die Einflüsse der Phänomenologie auf seine Entdeckung des Noch-Nicht-Bewussten. Damit lässt sich auch Blochs Rickert-Dissertation besser in die Entstehung seines Denkens einordnen, auch in dem Sinne, dass dort und in Ergänzung zur marxistischen Theorie die Quellen für Blochs Willens- und Hoffnungsphilosophie zu finden sind.
Der Band wird abgerundet durch die Fortsetzung der Bibliographischen Mitteilungen aus dem Ernst-Bloch-Archiv, die Karlheinz Weigand über die Jahre hinweg erstellt hat, sowie durch die ergänzte Karola Bloch Bibliographie von Welf Schröter.weiterlesen