Die Beschäftigung mit dem Expressionisten Gustav Sack hat es in sich. Man kann schwerlich nachvollziehen, wieso dieser Autor von der Literaturgeschichte so sträflich vernachlässigt wurde. Er sei ein Fall für den Psychater, hat man einmal über ihn gesagt. Mitnichten! Gustav Sack ist ein Fall für jeden, der sich mit seiner Zeit – er wurde 1885 geboren, er starb 31-jährig im Ersten Weltkrieg – beschäftigt: literarisch, historisch, mentalitätsgeschichtlich. Kein geringerer als Schauspieler und Regisseur Claude-Oliver Rudolph zeichnet das Lebensbild Sacks anhand seiner wichtigsten Prosatexte und Lyrik nach.
Sack hat, scheint's, keine Lobby. Den einen ist er zu modern, den anderen zu konservativ. Ein Autor, der alle Merkmale auf sich vereinigt, kein Massenautor früherer oder heutiger Tage zu sein oder zu werden. Was freilich kein Anlass zur Resignation sein kann und darf. Betrachtet man das sinuskurvige Auf und Ab der Wirkungsgeschichte Sacks, ist es längst Zeit für eine Wiederentdeckung.
Bestechend sind seine unvergleichlichen Naturschilderungen, aktuell seine philosophischen Traktate und unterhaltsam sein unbändiger Zorn auf seine spießige Gegenwart. Zeitgeist, Staat, Kirche und Philistertum verachtete er. Sein Leben war rastlos und rauschhaft und endete tragisch auf den Schlachtfeldern des Ersten Weltkriegs. Ahnungsvoll schrieb Sack nur fünf Tage vor seinem Tod in einem ergreifenden Brief an seine Frau Paula: 'Ich schüttele nicht mehr den Kopf übenden Wahnsinn der Welt, ich döse in den Nebel und den Schmutz und lasse beides Heimat sein.'weiterlesen