Identitätspolitische Diskurse und pädagogische Einsätze in Ladakh
Produktform: Buch
Es sind die rasanten Modernisierungsprozesse in den letzten Jahrzehnten, die Ladakh zu einem paradigmatischen Beispiel kultureller Identitätsvergewisserung machen. Das politisch zu Indien gehörende, aber überwiegend vom tibetischen Buddhismus geprägte (obere) Ladakh liegt im Transhimalaya und grenzt an Pakistan sowie das chinesisch beanspruchte Tibet. Grenzkonflikte sorgten dafür, dass die durch eine Subsistenzwirtschaft geprägte und geographisch isolierte Region erst in den 1970er Jahren für den internationalen Tourismus zugänglich wurde. Die Vermarktung der eigenen Exotik, die Entwicklung einer touristischen Infrastruktur und eine individualisierte ökonomische Orientierung haben zu einschneidenden Transformationen des traditionellen Wirtschafts- und Sozialgefüges geführt.
Das gemeinsam geteilte Erbe der Ladakhi wird nun zu einem wichtigen Gegenstand einer problematisch und umstritten bleibenden Identitätsvergewisserung, die ihre Verbindlichkeit nur noch postulieren kann: Das Verhältnis einer gemeinsamen kulturellen Identität und einer religiösen Zugehörigkeit, die auch die muslimische Minderheit umfasst; die Beziehung traditioneller Sozialformen zu einem auf Wahlen beruhenden politischen Repräsentationssystem; Fragen der Individualisierung und einer materialistischen Orientierung im Verhältnis zu idealisierten Gemeinschaftsvorstellungen und der Bedeutung einer religiösen Spiritualität; die Bewahrung eines materiellen Erbes im Sinne traditioneller Bauwerke und Fragen der Bedeutsamkeit überkommener kultureller Praktiken, die nicht zuletzt auch im Horizont des internationalen Kulturerbe-Diskurses verhandelt werden; Befürchtungen, dass die gewollte schulische Karriereorientierung die eigenen Kinder ihrer kulturellen Identität berauben könnte. Solche Fragen müssen – so der Autor - diskursiv bearbeitet und in ihren Perspektiven beworben werden, ohne dass der postulierte gemeinsame Grund noch vorausgesetzt werden könnte.weiterlesen