Das Große Tucherbuch ist das prachtvollste einer großen Anzahl von Geschlechterbüchern des Nürnberger Patriziats. Geschlechterbücher patrizischer (und einiger weniger bürgerlicher) Familien entstanden im 16. und 17. Jahrhundert in den Reichsstädten Nürnberg, Augsburg und Frankfurt. In manchmal schlichter, oft aber auch künstlerisch aufwändiger Gestaltung beschreiben sie genealogische Beziehungen und Leistungen aller bekannten Familienmitglieder. Zweck dieser Geschlechterbücher war es, das Zusammengehörigkeitsgefühl der Familie zu stärken, den Nachkommen vorbildliche Verhaltensweisen nahe zu bringen, die Verwandtschaftsverhältnisse zu dokumentieren (was für Erbschaftsfragen wichtig werden konnte) und die Gleichrangigkeit mit dem Landadel zu unterstreichen, der sich gerade zu dieser Zeit von den Handel treibenden Patrizierfamilien der Städte abzuschotten begann. Damit dokumentieren die Geschlechterbücher in hervorragender Weise das Selbstbewusstsein dieser politisch, gesellschaftlich und wirtschaftlich führenden Schicht der großen
Reichsstädte.
Die hier vorliegende repräsentative Prunkfassung des "Großen Tucherbuchs" wurde 1590 von der Familie in Auftrag gegeben und 1606 vollendet. Sie beruht auf einer Vorlage, die der humanistisch gebildete Nürnberger Ratskonsulent und Diplomat Christoph II. Scheurl (1481-1542) bereits ein halbes Jahrhundert zuvor nach intensiven Studien im Familienarchiv erarbeitet hatte und die heute im British Museum in London liegt. Da Scheurls Mutter eine geborene Tucher war, war er selbst mit der Familie verwandt. Für die Herstellung des inhaltlich aktualisierten, prächtigen Pergamentbandes (zusammen mit einer Papierabschrift) wendete die Familie 2.198 Goldgulden auf - fast das Vierfache dessen, was Albrecht Dürer knapp hundert Jahre zuvor für den Kauf seines Hauses am Tiergärtner Tor ausgegeben hatte.
Nachdem die Spuren des Alters und falscher Behandlung in einer aufwändigen Restaurierung getilgt worden sind, macht die vorliegende
CD-ROM das Große Tucherbuch erstmals der Öffentlichkeit zugänglich.weiterlesen