Das Papsttum am Vorabend des Investiturstreits
Stephan IX. (1057-1058), Benedikt X. (1058) und Nikolaus II. (1058-1061)
Produktform: Buch / Einband - fest (Hardcover)
Lange standen die beiden kurzen Pontifikate Stephans IX. (1057-1058) und Nikolaus II. (1058-1061) im Schatten Gregors VII. (1073-1085) und der sich überschlagenden Auseinandersetzungen des sogenannten Investiturstreits. Dabei wurde häufig übersehen, daß in den wenigen Jahren ihrer Amtszeit entscheidende Weichenstellungen erfolgten, die das Verhältnis der beiden Universalgewalten, Kaisertum und Papsttum, nachhaltig verändern sollten.
Zwei für die Entwicklung des Papsttums und seiner Stellung in der Welt entscheidende Ereignisse sind bis heute im Gedächtnis geblieben: Das Papstwahldekret von 1059 und die Ausformung des Kardinalkollegiums, als letztendlich ausschließliche Wahlinstanz für jeden neuen Nachfolger Petri.
Aber auch andere, das neue Selbstbewußtsein der Päpste wiederspiegelnde Entwicklungen lassen sich bereits unter Stephan IX. und Nikolaus II. verorten. So intensivieren sie machtvoll die seit dem Pontifikat Leos IX. (1049-1054) einsetzende Internationalisierung des Papsttums, durch Reisen, Synoden, Personalpolitik und eine ständig anwachsende Zahl auslaufender Urkunden, deren Empfänger überall im christlichen Europa zu finden sind. Konsequent bauen beide Päpste den Primat des Apostolischen Stuhles aus, treiben die Hierarchisierung der Kirche voran und legen – in der Tradition Leos IX. – einen neuen Schwerpunkt auf die Lehrtätigkeit der Petrusnachfolger. Hinzu kommt noch der verstärkte Kampf gegen Simonie und Nikolaitismus sowie das intensive Engagement für die Durchsetzung der Kirchenreform und der kanonischen Vorschriften innerhalb der gesamten ecclesia catholica.
Dieses gesteigerte Selbstbewußtsein der Päpste und die Einforderung der libertas ecclesiae konnten nicht ohne Einfluß auf die Besetzung kirchlicher Ämter bleiben und bereiteten so den Boden für die große Auseinandersetzung der beiden Universalgewalten im sogenannten Investiturstreit.
Politisch vollziehen sich diese Neuerungen innerhalb eines Machtvakuums, das nach dem frühen Tod Heinrichs III. (1056) während der langen Regentschaft für seinen minderjährigen, gleichnamigen Sohn entstanden war. Die Schwäche der Kaiserinwitwe Agnes macht Herzog Gottfried den Bärtigen, den Bruder Stephans IX., und seine Gemahlin Beatrix von Tuszien und Canossa zu neuen Schutzherrn des sich gerade unter großen Schwierigkeiten etablierenden Reformpapsttums. Doch die Absenz einer starken Königsgewalt läßt die Päpste noch nach weiteren machtvollen Helfern suchen. Nikolaus II. findet sie in den Normannen und vollzieht damit eine einschneidende Veränderung in der päpstlichen Außenpolitik.
Die kurzen Pontifikate Stephans IX. und Nikolaus II. waren also keineswegs zu vernachlässigende Jahre ohne erkennbare päpstliche Profilierung, sondern eine entscheidende Schlüsselzeit für das zukünftige Verhältnis von regnum und sacerdotium, eine Phase territorialer Neuordnungen und intensivierter Institutionalisierung, auch dank der Ausformung des Kardinalkollegs und der Klärung der Nachfolgeregelung im Papstwahldekret.weiterlesen
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