Schon Sophokles galt das Schiff als erste aller Kulturtechniken, mit denen der Mensch sich die Erde untertan gemacht hat. Heute fasst eine Philosophie der elementaren Medien das Schiff darum auch als ein »arch-medium« auf, das heißt als Erz- oder Ur-Medium. Denn auf See kann nicht vergessen werden, dass die menschliche Existenz technisch basiert ist. Daher entnimmt der Mensch seine Daseinsmetaphern dem Meer. Das Archiv für Mediengeschichte versammelt in seiner zwanzigsten Ausgabe Beiträge, die das Schiff als Welten machendes Medium, als Generator und Transformator von Umwelten, von Sicht- und Sagbarkeiten und von Geschichte selbst thematisieren.
Mediengeschichte als historiographische Praxis steht vor der Herausforderung gewandelter medientheoretischer Fragestellungen und Interessenslagen. So hat das medienökologische Paradigma längst begonnen, die Grenzen des populären Sinns von ›Medien‹ zu verschieben. Gegenwärtig nehmen Medien mehr und mehr den Sinn von ›Milieus‹, von Umgebungen oder Umwelten, an. Es geht also darum, Medien nicht als Techniken und Technologien zur Speicherung und Verbreitung von Botschaften zu verstehen, sondern als ermöglichende Umwelten oder gar als »Infrastrukturen des Seins«. Einerseits wird eine solche Art der Mediengeschichte Technologien auf ihre umwelterzeugenden, -transformierenden und -erschaffenden
Wirkungen hin untersuchen. Andererseits kann die Idee auch umgedreht werden: Dann sind Umwelten auch Medien – und sie sind es umso mehr, je mehr die Ununterscheidbarkeit von Natur und Technologie zunimmt. Wie weit diese Verflochtenheit von Medien als Umwelten und Umwelten als Medien historisch zurückreicht, dies herauszufinden ist Teil der genannten Herausforderung der Mediengeschichte.
Um die Möglichkeiten und Methoden von Mediengeschichten, die Medien als seinsermöglichende Infrastrukturen in den Blick nehmen, am Beispiel eines speziellen Artefakts auszuloten, widmet sich Band 20 des Archivs für Mediengeschichte dem Schiff.weiterlesen