Das Seelenregister der ev.-luth. Kirchgemeinde St. Margarethen zu Gotha 1710 bis 1731
Band 76
Produktform: Buch / Einband - fest (Hardcover)
Die Quellengattung der Seelenregister findet sich im Thüringer Raum bereits ab dem
16. Jahrhundert. In den vergangenen Jahren hat es sich der Verfasser zur Aufgabe gemacht,
peu à peu die ihm vorliegenden Exemplare im Mitteilungsblatt der AGT bzw. in Buchform
zu veröffentlichen. Im Gothaer Raum stammten die ältesten Exemplare für die Dörfer Schönau
v. d. Walde mit seiner Filiale Wipperoda aus den Jahren 1567 und 1586. Diese wurden
geordnet nach Männern, Hausgenossen, Witwern, Witwen, Junggesellen und Jungfern. Zwar
stellte dies faktisch nur eine Bestandsaufnahme der Dorfgemeinden dar, doch wurden bei
einzelnen Personen bereits weiterführende Hinweise zum Tode angebracht. Im 17. Jahrhundert
dienten sie wohl oft der Kontrolle, welche Gemeindeglieder den verlustreichen 30jährigen
Krieg überlebt hatten. Eine der umfangreichsten Sammlungen für die Diözese Schleusingen-
Suhl verzeichnete die Einwohner der einzelnen Dörfer der Jahre 1646/472. Ab dieser
Zeit finden wir Seelenregister häufiger in den verschiedenen Ortschaften Thüringens, wobei
selten mehr als ein Exemplar dieser Auflistungen überliefert wurde. Erst mit Beginn des
19. Jahrhunderts wurden diese Amtsbücher v. a. im Herzogtum Sachsen-Gotha-Altenburg
(später Sachsen-Coburg und Gotha) in nahezu jedem Ort jahrzehnteweise geführt. Vermutlich
wurde überdies im Jahre 1888 angeordnet, Familienbücher anzulegen, die sich in vielen
Dörfern noch finden und die, mit viel Akribie geführt, nahezu alle persönliche Daten von
Geburt, Taufe, Konfirmation, Trauung bis zum Tode enthalten. Oftmals wurde auch der
Verzug der Familien nebst Verbleib eingetragen. Die gute Grundlage, welche diese Bücher
für die Gemeindegliederübersicht bot, führte dazu, daß einige bis zum Ende des 20. Jahrhunderts
fortgeführt wurden. Wir
haben mit diesen Quellen faktisch
Ortsfamilienbücher für die
Dauer ihrer Nutzung.
In Städten waren solche Aufzeichnungen
schon aufgrund des
zu bewältigenden Aufwands wesentlich
seltener. Das vorliegende
Exemplar ist das älteste dem
Verfasser bekannte Seelenregister
einer residenzstädtischen
Kirchgemeinde in Thüringen.3
Das Original liegt im Augustinerkloster
Gotha und fällt zwischen
den zahlreichen Kirchenbüchern
kaum auf. Es umfaßt
341 Seiten im Folioformat, die
von einem stark abgeriebenen
und durch Bücherwurmbefraß
beschädigten Kartoneinband mit
Das Seelenregister der ev.-luth. Kirchgemeinde St. Margarethen zu Gotha 1710 bis 1731
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2 Kirchner, Seelenregister.
3 Ältere, allerdings nicht residenzstädtische Seeleregister liegen z. B. von Buttelstedt und Buttstädt vor; s. Kriependorf,
Seelenregister, S. 8 -19.
braunem Lederrücken und ebensolchen Ecken zusammengehalten werden. Die Nutzung
dürfte sich auf seltenes Blättern beschränken, hat ein solches Buch doch den Nachteil, daß
es ohne Register de facto nutzlos ist. Wer würde sich bei der knappen Forscherzeit vor Ort
die Mühe machen, nach bestimmten Vorfahren alle Seiten durchzublättern? Ohne Frage wird
dieses Amtsbuch erst durch die detailreiche Erfassung in diesem Werk wieder einem seinem
Inhalt würdigen Publikum zugängig. Wie die ursprünglichen Nutzer und Bearbeiter der
Kirchgemeinde ihre Schäfchen in diesem Werk fanden, bleibt uns wohl dauerhaft ein Rätsel.
Das Seelenregister wurde im Jahre 1710 angelegt. Eine genaue Datierung fehlt leider ebenso
wie eine Einleitung, eine Gottesanrufung oder sonst übliche Informationen. Auch wurde
auf eine Liste der Straßen verzichtet, so daß man vermuten muß, daß es bereits von Beginn
seiner Nutzung an genau in demselben Zustand war, wie dies heute der Fall ist. Während der
Bearbeitung konnte festgestellt werden, daß die Aufnahme der Daten der Bewohner der Margarethenkirchgemeinde
wohl im November oder Dezember des genannten Jahres 1710 geschah.
Danach wurde es von etwa 4 bis 6 Schreibern bis in das Jahr 1731 geführt, wobei die
jüngste Eintragung vom 31. Dezember 1731 stammt. Ob sich seinerzeit ein Folgeband
anschloß oder ob ein solches Werk auch in der Augustinerkirchgemeinde angelegt wurde,
bleibt offen. Überliefert wurde in jedem Fall nur dieses eine Buch in den Regalen der heutigen
Aufbewahrungsstätte.
Der Aufbau des Seelenregisters ist recht überschaubar. Am Kopf jeder Seite findet sich
neben der Paginierung die Orts- oder Straßenbezeichnung, wobei die Beschriftung sich auch
über die beiden nebeneinanderliegenden Seiten erstrecken kann. Weiterhin wurden die Seiten
je in der Mitte durch eine senkrechte Linie getrennt. Teilweise wurden bis zu 3 waagerechte
Linien eingezogen. Welche genaue Bewandtnis die Linien haben, bleibt aufgrund der
fehlenden Einleitungsworte offen. Es ist jedoch anzunehmen, daß die senkrechten lediglich
der Platzeinteilung des Schreibers dienten, während die waagerechten Linien wohl die einzelnen
Häuser voneinander trennten. Ob man im Gotha jener Jahre noch keine Hausnummern
kannte? Fakt ist, daß keinerlei weitere Hinweise als die Straßennamen uns eine Einordnung
der Gebäude ermöglichen. Wahrscheinlich wußten die Schreiber einfach, wo sie sich
im Stadtgebiet befanden und wem welches Haus gehörte bzw. vom wem es bewohnt wurde.
Eine Systematik der Straßenseiten ist für den heutigen Benutzer ohne Kenntnis der Gebäudestruktur
der Stadt ebenso unmöglich. Lediglich bei einigen Straßen findet sich die Angabe
„von oben herab“ o. s. ä. Nimmt man sich allerdings einen Stadtplan von Gotha zur Hand,
welcher die historische Einteilung zeigt, so findet man die einzelnen Gassen und Ortsangaben
recht leicht. Hierfür seien folgende Hilfsmittel genannt, welche beim Verlag Rockstuhl
erhältlich sind: „Historische Karte: Residenzstadt Gotha 1730“ sowie „Historische
Stadtpläne: GOTHA in Thüringen STADTPLAN von 1838 - 1880 - 1904 - 1910 - 1927“. Für
eine genauere Zuordnung könnte man weiterhin Gebäude wie Wirtschaften, Druckereien
oder Häuser bekannter Familien heraussuchen. Mittels dieser bekannten Örtlichkeiten wäre
im Nachhinein eine Zuordnung machbar. Bewohnte Nebengebäude oder getrennte Wohnräume
wurden durch separate Anmerkungen hervorgehoben, z. B. „im Hinterhaus von“ oder
„im oberen Stock“.
Die einzelnen Bewohner der Häuser wurden zunächst per Stand anno 1710 erfaßt, die
Berufe und Funktionen sowie alle Familienmitglieder aufgenommen. Es ist zu vermuten, daß
man zu Beginn die Aufzeichnungen mittels Bleistift durchführte und später diese durch Tinte
ersetzte. Einige dieser Eintragungen finden sich noch am Beginn des Buches und wurden in
Einleitung
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den Fußnoten als solche vermerkt. Weiterhin erfaßte man die Bediensteten und Mitbewohner,
wobei gerade bei Ersteren selten die Namen aufgenommen wurden. Im Laufe der Nutzung
des Buches wurden nachgeborene Kinder, Personal und Zuzüge ergänzt. Ebenso wurden
Umzüge durch Streichung kenntlich gemacht. Sterbefälle wurden entweder nur durchgestrichen
oder mit Kreuz und Datumsangabe versehen. Bemerkenswert ist, daß man die
Wanderschaft der Hausbewohner, Verehelichungen, Studien oder Berufsänderungen penibel
notierte. Ebenso wurden Umzüge in einem gewissen Umfang mit dem neuen Wohnsitz bzw.
-ort ergänzt. Durch die gänzliche Abschrift und Indexierung des Seelenregisters ist so relativ
gut nachvollziehbar, wie oft und wohin sich eine Familie innerhalb der Kirchgemeinde
bewegte. Mitbewohner und Neubesitzer der Häuser wurden durch die Angaben „inquilini“
und „possessor“ kenntlich gemacht. Alle im Original vorgenommenen Änderungen finden
sich in den 2.605 Fußnoten.
Für die Transkription wurde versucht, möglichst nah an der Vorlage zu bleiben, eine gute
Lesbarkeit zu erreichen und gleichzeitig ein leichtes Auffinden zu ermöglichen. Daher
wurde die Tabellenform des Buches übernommen, Familiennamen wurden fett hervorgehoben
und alle Veränderungen so wiedergegeben, daß sich der Nutzer ein Bild von der Vorlage
machen kann. Wortverbindungen durch Bindestriche wurden, soweit der Lesbarkeit dienlich,
als ein Wort geschrieben und lateinische Begriffe, so sie nicht am Absatzanfang stehen, in
Kleinschreibung übernommen. Die Interpunktionen wurden entweder ergänzt oder weggelassen,
um eine leichtere Auffassung zu erreichen und die Sinnzusammenhänge zu erschließen.
Abkürzungen und lateinische Begriffe können mit Hilfe der diesem Text folgenden Liste
leicht aufgelöst werden, wobei sich gleichförmige Abkürzungen durch den Inhalt leicht
erschließen, so u. a. bei „Reg.“, was sowohl ein abgekürzter Vorname sein, wie auch Berufsbezeichnungen
vorstehen kann. In die Streichung der Familien muß man das Personal mit
einbeziehen, da dieses, wenn es nicht bereits vorher gestrichen wurde, mit der Familie zur
neuen Wohnstätte mit umzog. Im Laufe der Buchführung wurde von der im Jahre 1710 vorgenommen
Angabe des Lebensalters der Kinder relativ schnell dazu übergegangen, ein Geburts-
oder Taufdatum anzugeben, was aber nur selten als ein solches gekennzeichnet wurde.
Hier gilt es, wie vor 300 Jahren auch, die Taufregister noch einmal zu überprüfen. Die Geburtsangaben
wurden hierbei aber fast nie angegeben, sondern stattdessen meist der Tauftag
vermerkt. Bei den fett gedruckten Familiennamen spielt es keine Rolle, ob der Hausvorstand
angegeben wurde oder der Dienstherr, bei welchem eine Person beschäftigt war. Auch in den
Fußnoten wurde diese Hervorhebung vorgenommen. Nur wenige nachträgliche Veränderungen
wurden nicht in den Fußnoten vermerkt; hierzu zählt u. a. die Änderung von „Kind“
in „Kinder“ durch anfügen eines er-Kürzungsstriches. Die Tatsache, daß später mehrere
Kinder vorhanden waren, machen die Nachträge von selbst sichtbar. Gelegentlich bedienten
sich die Schreiber auch der lateinischen Abkürzung „fil.“, welche vor das erste Kind geschrieben
wurde und durch Freilassung vor den folgenden Kindern als Kopie angesehen
wurde. Zahlzeichen wurden sowohl für die Angabe des Personals genutzt, unter teilweiser
späterer Korrektur, sowie für das Wort „ein“ (z. B. „wird 1 Schuster“). Höhergestellte Familien
lassen sich an den Angaben vor den Familienmitgliedern erkennen. So wurde die „Ehefrau“
(uxor) bei jenen zur „geliebten Ehefrau“ (conjux. dil.) sowie die Kinder des Adels mit
dem Vorwort „adelige“ und den Bezeichnungen Herr und Fräulein hervorgehoben. Die
Frauenendung -in wurde gerade in den 1720er Jahren sehr flüchtig als Schweif angedeutet
und in der Transkription als solche übernommen, auch wenn man manchmal meinen könnte
Das Seelenregister der ev.-luth. Kirchgemeinde St. Margarethen zu Gotha 1710 bis 1731
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-en lesen zu müssen. Da bei dem Dienstpersonal selten Namen angegeben wurden, läßt sich
nicht feststellen, ob sich dauerhaft dieselben Personen hinter den Auflistungen verbergen.
Durch die Angaben bei den einzelnen Familien lassen sich jedoch einige Lehrjungen den verschiedenen
Meistern zuordnen. Auffällig ist, daß die Schreiber bei Umzügen von Familien
nicht sehr oft die Geburtsdaten der bereits erwähnten Kinder übernahmen. In diesem Fällen
muß man die vorherigen oder nachfolgenden Wohnstätten finden, um einen vollständigen
Datensatz zu bekommen.
Dem Textteil folgt eine Übersicht über alle im Seelenregister vorkommenden Schreibweisen
von Vornamen. Um den Forschern leichter Zusammenhänge zu erschließen, wurden
sinnvolle Vereinheitlichungsformen gewählt, wie dies in allen Registerbänden und Publikation
des Verfassers der Fall ist. Eine Erläuterung, warum diese Vorgehensweise sinnvoll ist,
findet sich davor.
Schwierig ist auch das Auffinden gleicher Familiennamen bei verschiedenen Schreibweisen.
Die fehlenden Orthographie- und Grammatikregeln führten ebenso wie die Dialekte der
Schreiber und früheren Bewohner zu unterschiedlichen Angaben von gleichnamigen Familien.
Eines jener Beispiele in der Gothaer Genealogie ist die Familie Beckardt (auch Beckhardt),
welche sich im 17. Jahrhundert von Becker über Beckert zur letzten Schreibweise
wandelte. Um das Suchen dieser Namen zu erleichtern, findet sich vor den Registern eine
Konkordanzliste der Familiennamen, welche die angegebene Schreibweise im Seelenregister
zeigt und ggf. eine im Namensregister geänderte Form danebenstellt. Für die Wahl dieser
abweichenden Registerschreibweise wurden mehrere Quellen zu Rate gezogen. Einerseits
waren dies Einwohnerverzeichnisse, welche Dr. Schmidt-Ewald in den Mitteilungen des
Vereins für Gothaische Geschichte und Altertumsforschung um 1930 veröffentlichte4, andererseits
das Einwohnerbuch von 1848/49, welches ebenso wie erstere Quelle digital auf der
Seite der ThULB Jena zur Verfügung steht. Weiterhin floß die Erfahrung des Verfassers aus
der jahrelangen Forschung im Gothaer Land ein, da sich in verschiedenen Ortschaften des
Umlandes spezielle Schreibweisen von Familiennamen entwickelten. Kommen weitere
Namensformen in Betracht, wurden sie in eckigen Klammern dahinter gesetzt. Gerade der
Schreiber der 1720er Jahre wählte doch einige sehr flüchtige Schreibweisen von Vor- und
Familiennamen und verdrehte dabei die Diphthonge wie in Geißler/Gießler oder Gieß/Geiß.
Manche Formen wie u. a. Kramer, Krämer, Cramer oder Crämer waren so uneindeutig in
ihrer Zusammengehörigkeit, daß sie in den Registern an beiden Stellen angegeben wurden.
Die Namen adeliger Familien wurden der in der Netzliteratur üblichen letzten oder aktuellen
Schreibweise angepaßt.
Am Ende des Buches folgen die Register der Familiennamen, Berufe und Orte, welche
sich an der Seitenangabe im Seelenregister, nicht des vorliegenden Buches, orientieren.
Berufe wurde nicht nur unter der jeweils angegebenen Form wie z. B. Hofschuhmacher
angegeben, sondern auch unter Schuhmacher. Regierungskanzlisten, -kopisten oder -advokaten
finden sich ebenso unter Kanzlisten, Kopisten und Advokaten. Damit kann man sich
leicht einen Überblick über die Häufigkeit der unterschiedlichen Berufsstände verschaffen.
Lateinische Angaben wurden der Einfachheit halber unter dem deutschen Begriff aufgenommen.
Andere Angaben wurden teilweise zusammengefaßt, u. a. Wirte (z. B. Mohrenwirt)
4 Schmidt-Ewald, Einwohnerverzeichnisse.
Einleitung
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unter Gastwirt. Verben für damalige Beschäftigungen wie „dient“ oder „studiert“ wurden unter
Dienstmagd bzw. Student erfaßt. Andere Angaben wie „wandert“, „dimissus“ oder „gehen
in die Schule“ wurden hingegen ausgespart. Lediglich Schüler, die in Familien lebten,
Gymnasiasten oder Lehrjungen wurden mit ihrer Bezeichnung indexiert. Die Studenten wurden
sowohl unter dem allgemeinen Begriff wie unter ihrer Fachrichtung angegeben.
Bei den Familiennamen wurden jedwede Angaben aufgenommen. Familienvorstände und
die Männer von Witwen wurden fett hervorgehoben, so daß nachvollziehbar ist, daß mehr
als eine Person zu finden ist.
Die Ortsnamen sind in die heutige Schreibweise übertragen worden. Soweit nur das Territorium
angegeben wurde, findet sich dieses im Register. Die vorkommenden Nationalitäten
(Franzosen, Italiener) sind als Landesbezeichnung aufgelistet.weiterlesen
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