Claire Devon ist eine ganz normale Frau. Atheistin, Feministin und ursprünglich aus prekären Verhältnissen. Glücklich verheiratet mit dem Bauunternehmer Paul und Mutter der spätpubertären Ashley, lebt sie in einer typischen US-Mittelschichtsvorstadt. Als Englischlehrerin an der örtlichen High School ist sie bei Schülern und Kollegen gleichermaßen beliebt. Eines Nachts jedoch bekommt die glatte Fassade ihres Lebens einen Riss: Auf einmal ist da ein kontinuierliches Summen, das an ihren Nerven zerrt. Sie kann nicht mehr schlafen, bekommt Kopfschmerzen und Nasenbluten und wird reizbar. Das Schlimmste ist jedoch, dass sie anscheinend die Einzige ist, die das akustische Phänomen wahrnehmen kann. Weder Ärzte noch Psychologen können ihr helfen. Nach anfänglichem Verständnis gehen Paul und Ashley auf Distanz und geben ihr zu verstehen, dass sie vermutlich hysterisch ist. Zunehmend in die Isolation getrieben, stellt Claire eines Tages fest, dass auch Kyle, der siebzehnjährige Underdog aus ihrer Literaturklasse, das Summen hören kann. Gemeinsam suchen sie nach der Quelle des merkwürdigen Geräuschs in der Gegend. Die seltsame Mischung aus Freundschaft und zunehmender Anziehung zwischen der Mittvierzigerin und dem Teenager wird Claire zum Verhängnis. Kyles Mutter Brenda erfährt von den heimlichen Treffen der beiden und sorgt dafür, dass Claire aus dem Schuldienst entlassen wird. Während nach und nach ihr gesamtes bürgerliches Leben in sich zusammenfällt, findet Claire eine Ersatzfamilie: Kyle und sie stoßen auf das Forscherpaar Howard und Jo, die ihre Villa in derselben Vorstadt zu einem Treffpunkt für Menschen gemacht haben, die „das Summen“ auch hören können. In der heterogenen Gemeinschaft aus „normalen“ Nachbarn, Verschwörungstheoretikern und Esoterikern erlebt Claire eine nie gekannte Geborgenheit. Immer tiefer begibt sie sich mit ihren neuen Freunden hinein in die geheime Welt des „Summens“, die zunehmend sektenartige Züge annimmt. Als das Haus schließlich von der Polizei gestürmt wird und Kyle dabei ums Leben kommt, bricht für Claire eine Welt zusammen. Das Summen. Die Ereignisse am Sequoia Crescent ist ein aufreibender Roman, der die Verführung durch das Unerklärbare, die menschliche Suche nach Transzendenz, den Aufstieg der Verschwörungskultur im Westen und den Wunsch nach Gemeinschaft in einer zunehmend polarisierten Gesellschaft auslotet. Claires Geschichte entfaltet eine Sogwirkung und zwingt uns, darüber nachzudenken, wie Verständigung untereinander möglich ist und was wir machen, wenn die Wahrheiten auseinandergehen. In diesem hochaktuellen Roman geht es um die Suche nach Zugehörigkeit, um das Verstehen des Unbegreiflichen – und darum, wie leicht charismatische Persönlichkeiten unsere ständige Sehnsucht nach Anschluss ausnutzen können. Jordan Tannahill lotet die verschiedenen Eskalationsstufen der Ereignisse mit Neugier, Eleganz und Unnachgiebigkeit aus. Spannend wie in einem Thriller erzählt er von gesellschaftlicher Ablehnung, Machtmissbrauch und Filterblasen. Inspiriert ist die Geschichte von einem tatsächlichen Phänomen: Seit der Mitte der 70er Jahre gibt es um die Städte Bristol, Hythe, Plymouth und Swansea eine Gruppe von Menschen, die ein summendes Geräusch hören, für das bis heute keine Erklärung gefunden wurde. Tannahills Roman stand auf der Shortlist des renommierten kanadischen Scotiabank Giller Prize. Eine Opern-Adaption des Romans wird ab September 2022 an der Den Norske Opera & Ballett in Oslo gezeigt.weiterlesen