Immer wieder fragte ich mich, inzwischen seit Jahrzehnten, was eigentlich sind Erfahrungen? Geschehen sie an mir, mit mir, in mir? Wie kommen Entscheidungen zustande, die sich in Erfahrungen verdichten? Gleichzeitig lebe ich und werde gelebt. Erkenne ich die Schnittstellen?
Kolumnen schreiben hilft mir, klarer und deutlicher zu sehen. Den Blick auf Wirklichkeiten zu schärfen. Gleichzeitig sind Kolumnen kleinere oder grössere Interventionen. Diese können Räume schaffen in der Leserin und dem Leser, gleichsam Zwischenräume, die Platz schaffen für Gedanken und -Gefühle. So gesehen sind sie verwandt mit meiner Arbeit als Theatermacher.' Hans J. Ammann
Das Buch versammelt alle Kolumnen aus den Jahren 2007 bis 2013, die Hans J. Ammann für das Bieler Tagblatt geschrieben hat. Sie beschäftigen sich mit nicht viel weniger als der 'ganzen' Welt und erhellen auf überraschende Weise sogar, was einem vorher schon klar und durchsichtig erschienen ist.
'Ammanns Kolumnen sind weder Wahrheitsbehauptungen noch Meinungsäusserungen. Sie fragen nach der Wahrheit, wie schon einmal einer nach der Wahrheit gefragt hat vor bald zweieinhalb Jahrtausenden in Athen, als die Menschen unter einem ›freien Markt‹ noch den Platz mitten in ihrer Stadt verstanden, auf dem sie ihre Bürgerrechte übten.' Aus dem Vorwort von Samuel Moser
'Das Geschäft von uns Theatermachern besteht unter anderem darin, brüchigen persönlichen Identitäten nachzuspüren, diese Ihnen, unseren Zuschauern, darstellerisch möglichst attraktiv und spannend kenntlich zu machen, spielerisch zu lügen, um der Durch-Sicht willen, auf künstlerisch möglichst hohem Niveau. Wir haben es leichter als unsere realen Staatsschauspieler, die immer wieder gewählt werden wollen. Die jeden Tag entscheiden müssen, bin ich nun ich oder ein anderer, einer, der ich nun mit absoluter Gewissheit nicht sein will, aber muss, weil es ein anderer, der mächtiger ist als ich, es so haben will? Sonst fliege ich von der Besetzungsliste und im nächsten Stück komme ich nicht mehr vor.
Das Geschäft des Politikers besteht nun mal darin, im Gegensatz zu uns, so über eine bestimmte Wirklichkeit von Politik nachzudenken und daraufhin Entscheidungen zu treffen, dass er in der Mitte von deren Auswirkung und Ausstrahlung bestehen kann. Wie oben angedeutet. Identisch also mit sich selbst. Man nennt das Gewissensentscheidung. Das Gewissen allerdings kann dummerweise Quelle von Lüge und Wahrheit zugleich sein, in kalkulierter und raffinierter Mischung. Man kann das bei Shakespeare eindrücklich nach-lesen.' H.?J. Ammannweiterlesen