Literarische Texte beziehen sich wechselseitig aufeinander. Wenn dem aber so ist, dann erweist es sich als wenig sinnvoll, sie streng am Faden der Chronologie aufzureihen oder nach Nationalliteraturen zu ordnen. In ihrer Gesamtheit gleicht die Literatur eher einer unermeßlich weiten Landschaft, in der der Leser, Bezüge herstellend, frei umherwandern kann. Also darf er auch eine Rundwanderung unternehmen, auf der zuletzt wieder jene Texte in den Blick gelangen, von denen sie ihren Ausgang nahm. Zentrale Themen und Motive menschlichen Daseins wie Liebe oder Sprache, Spiel oder Tod geben der in diesem Buch vorgestellten Wanderung durch die europäische Literatur die Richtung vor. Dabei reicht das Spektrum besichtigter Texte von Goethes Wahlverwandtschaften bis Imre Kertész' Roman eines Schicksallosen, von Ellas Canettis Die gerettete Zunge bis Dornröschen in der Fassung der Brüder Grimm, von Birgit Vanderbekes Alberta empfängt einen Liebhaber bis Grimmelshausens Siniplicius Simplicissimus, von Platons Phaidon bis zur Autobiographie von Rudolf Höß, dem Kommandanten von Auschwitz.weiterlesen