Der Mann seiner Frau (1897) erzählt die Emanzipationsgeschichte eines Mannes. Aus einem reichen, ignorant-elitären Müßiggänger wird ein arbeitender Bürger, der mitredet, mitdenkt und an der Gesellschaft mitwirkt. Damit leistet die Novelle des Kasseler Schriftstellers und Journalisten Hans Eisenträger (1861–1933) eine interessante Positionsbestimmung »in gärender Zeit«: So lautet der Titel des Buches, das der Protagonist Ernst Steineck verfasst hat und das er seiner Frau am Ende stolz auf den Geburtstagstisch legt. Bei der Beobachtung moderner Urbanität am Ende des 19. Jahrhunderts macht dem jungen Journalisten die immer mächtiger werdende Arbeiterbewegung den größten Eindruck. Eisenträger warnt mit seiner Novelle vor der unberechenbaren und gesellschaftsgefährdenden Macht der proletarischen Bewegung. Doch trotz spürbarer unterschwelliger Angst schlägt wertkonservatives Denken an keiner Stelle in reaktionäres Denken um. Argumentiert wird von einer konservativen Mitte aus, die beweglich, aufmerksam und durchaus selbstkritisch ist – und die den apokalyptischen Reiter der Moderne von der falschen Seite aus kommend, nämlich von links, vermutet.
Hans Eisenträger tut einen »Blick in den gähnenden Abgrund«, ohne über dem bedrohlichen Kollektiv den einzelnen Menschen, ob arm oder reich, rechts oder links, aus dem Auge zu verlieren. Im Text findet sich eine Formulierung, die als Eisenträgers eigene Poetik gelten kann: »unter den Schlacken die verborgenen Goldkörner aufzuspüren«.weiterlesen