Mit den zwischen 1909 und 1914 komponierten kurzen Instrumentalstücken der Wiener Schule erfährt der literarische Aphorismus sein genuin musikalisches Pendant. Die vorliegende Arbeit beschäftigt sich mit den Voraussetzungen des aphoristischen Stils sowie dessen Ausprägung in formaler, materieller und kompositionstechnischer Hinsicht anhand dreier ausgewählter Kompositionen.
Trotz einiger äußerlicher Gemeinsamkeiten und enger ästhetischer Verwandtschaft, die das Bild der Schule traditionell akzentuiert, haben die drei Wiener Komponisten das gemeinsame ästhetische Ziel einer zugleich fasslichen wie in höchstem Grade verdichteten Musik auf jeweils ganz persönliche Weise verwirklicht. Die grundsätzlich unterschiedlichen Strategien werden durch die Gegenüberstellung der Stücke deutlich. Anhand eines Vergleichs mit Schumanns Träumerei wird darüber hinaus der Frage nachgegangen, inwieweit – obwohl sich „das harmonische Fundament geändert hat – alle anderen Elemente der bisherigen Musik auch in der neuen vorhanden sind“ (Berg) und so eine Verbindung zur Vergangenheit hergestellt. Ebenso wie die Kompositionen selbst verwehrt sich die Analyse jeglichen im Voraus systematisierten Methoden; denn die spezifischen kompositionstechnischen Verfahren sind in den Werken selbst zu entdecken, weisen aber gleichzeitig über sie hinaus.weiterlesen