Zweifellos zählt die 1986 publizierte nachschrift von Heimrad Bäcker (1925–2003) zu den zentralen Errungenschaften der österreichischen Gegenwartsliteratur. Die Neue Zürcher Zeitung nannte das Buch »ein aussergewöhnliches Werk von verstörender Direktheit«, der Schriftsteller Friedrich Achleitner sprach vom »großartigsten Versuch, aus der sprachlichen Verlassenschaft einer Ideologie und ihrer industriell bürokratisch organisierten Tötungsmaschinerie das Unbeschreibbare lesbar zu machen.«Mithilfe von Originaldokumenten und historiographischen Darstellungen entnommenen Zitaten erinnerte nachschrift an die nationalsozialistischen Gewaltverbrechen sowie ihre gesellschaftlichen Nachwirkungen und bereicherte zugleich die Diskussion ihrer literarischen Darstellbarkeit um Theorien und Praktiken der literarischen Avantgarden.Florian Huber unterzieht in der schreiber schreibt Autor und Werk einer kritischen Neubewertung, indem er den multimedialen Entstehungsprozess von nachschrift und ihre zeitgenössische Rezeption im Kontext der Auseinandersetzungen um Quellenkritik, Objektivität und Zeugenschaft in den Geschichtswissenschaften rekonstruiert. Erstmalig wird dabei Bäckers Vorgehensweise als Text im engeren Sinne, als eine komplexe Verschränkung von Zitaten, Anordnung und Aussparungen begriffen, die einen hochreflektierten Umgang mit den »Fakten« ausstellt. Hubers Analysen begreifen Bäckers Ästhetik dementsprechend nicht nur als beispielgebend für einen literarischem Umgang mit der Shoah und anderen Verbrechen gegen die Menschlichkeit. Vielmehr wird deutlich, wie sehr auch die historiographische Arbeit von einer kritischen Lektüre der nachschrift profitieren kann.weiterlesen