Der Wundermann Ludwig Erhard
Mythos, Selbstdarstellung und Öffentlichkeitsarbeit
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Ludwig Erhard ist im kollektiven Gedächtnis der Bundesrepublik in seiner Rolle als erster Bundeswirtschaftsminister fest verankert. Politikerinnen und Politiker fast aller Parteien berufen sich auch heute noch auf den beliebten, rundlichen Minister, dem die Bundesrepublik – so die nostalgische Erzählung – ihren wundersamen Aufstieg zu verdanken hat. Als Schöpfer des Wirtschaftswunders und als Vater der Sozialen Marktwirtschaft ist Ludwig Erhard ein Idol. Dass Erhard auch der zweite Kanzler der Bundesrepublik war, erinnern dagegen nur noch wenige, vielmehr gelten die drei Jahre Erhards im Kanzleramt als glanzlos und als eine eher unbedeutende Übergangsphase in der Geschichte der Bundesrepublik.
Entscheidend für den Auf- und Abstiegs Erhards und die damit verbundene Mythisierung seines politischen Wirkens waren – anders als vielfach angenommen – nicht nur (wirtschafts-)politische Erfolge und Misserfolge, sondern vor allem auch symbolische Faktoren wie die öffentliche (Selbst-)Darstellung Erhards. Denn ohne Hausmacht in der eigenen Partei war Erhard im Besonderen von den Zustimmungswerten in der Bevölkerung abhängig und musste um Vertrauen für seine Politik und auch für seine Person werben. Unterstützt von seinen persönlichen Imagemachern und weiten Teilen der westdeutschen Medienlandschaft begann Erhard daher bereits sehr früh, an seiner eigenen Mythisierung zu arbeiten und den wirtschaftlichen Aufschwung untrennbar mit seiner Person zu verknüpfen – mit Erfolg.
Kurz vor seinem Wechsel in das Kanzleramt galt der Zigarre-rauchende, wohlstandsgenährte Wundermann als der beliebteste und zugleich vertrauenswürdigste Politiker der Bundesrepublik.
Im Kanzleramt wurde dieses Wundermann-Image für Erhard allerdings schnell zu einer Bürde, während es ihm nicht gelang, ein neues ebenso wirkmächtiges Kanzlerimage aufzubauen. Das Bemühen Erhards, sich als über den Parteien schwebender ›Volkskanzler‹ zu inszenieren, scheiterte ebenso wie der Versuch, die Soziale Marktwirtschaft mit der Idee der ›Formierten Gesellschaft‹ weiterzuentwickeln. Das über Jahre aufgebaute Vertrauen in seine Person begann in der Folge rasant zu schwinden und zwang Erhard schließlich, nach nur drei Jahren im Amt zurückzutreten.
Gestützt auf politische Dokumente des Bundesarchivs, des Archivs der Ludwig-Erhard-Stiftung sowie auf Zeitzeugeninterviews zeichnet die Arbeit den politischen Werdegang Ludwig Erhards aus einem neuen Blickwinkel nach: Es wird herausgearbeitet, welche Bedeutung der öffentlichen (Selbst-)Darstellung Erhards im Hinblick auf den Vertrauenserwerb, -erhalt und -verlust in seine Person zukam.weiterlesen
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