Erinnerungen aus einer Gefangenschaft / edition pen Bd. 47
Produktform: Buch
Der Physiker Mario Villani lehrte an der Universität von La Plata und arbeitete für die argentinische Atomenergiekommission. Im November 1977 wurde der damals 38-Jährige von einer Gruppe bewaffneter Männer auf offener Straße in Buenos Aires entführt. Bis August 1981 wurde er in fünf verschiedenen geheimen Folter- und Gefangenenlagern gefangen gehalten, wo er Zwangsarbeit verrichten musste: Club Atlético, El Banco, El Olimpo, Pozo de Quilmes und ESMA. Drei Jahre und acht Monate musste er lügen, sich verstellen und seine wahren Gefühle verbergen, während er elektronische Geräte reparierte, um zu überleben. Nach der Wiedererlangung seiner Freiheit legte er vor der CONADEP (Comisión Nacional sobre la Desaparición de Personas), im Prozess gegen die Junta im Jahr 1985, in Frankreich, Spanien und Italien sowie 2010 in den als "ABO" (Atlético – Banco – Olimpo) und "ESMA" bekannten Verfahren Zeugnis ab. 2003 zog er nach Miami, wo er heute noch lebt.
Nach jahrelangem Aussagen wuchs das Bedürfnis in ihm, die Erinnerungen an seine Zeit in den Gefangenenlagern und seinen harten Kampf ums Überleben mit der Öffentlichkeit zu teilen. Zwischen 2008 und 2010 führte Fernando Reati in Miami Interviews mit ihm durch. Nach einer langen Reihe von aufgezeichneten Gesprächen, Telefonaten und E-Mails entstand diese Geschichte. Dieses Buch ist das Ergebnis der Bemühung, seinen traumatischen Erlebnissen, die beispielhaft für ein ganzes Kapitel der Geschichte sind, literarische Form zu verleihen.
Diese Erzählung, eine Kombination aus Memoire, Biographie und Zeitzeugenbericht, schildert seinen Weg durch die Hölle. Immer wieder fragte Villani sich, warum er überlebt hat und so viele andere nicht. Eine Antwort hat er nun: "Warum ich heute noch am Leben bin? Ich weiß es nicht. Ich habe damals nicht selber entscheiden dürfen." Mit der Besonnenheit, die man nur nach drei Jahrzehnten der Selbstreflexion erlangen kann, teilt er seine Erinnerungen als Einladung zum Dialog: "Ich habe die Wahrheit nicht gepachtet und scheue keine Diskussion. Durch sie können wir alle lernen – die Diskussion hilft uns dabei, die Erinnerung lebendig zu erhalten."Fernando Reati, geb. in Córdoba, Argentinien, unterrichtet derzeit Lateinamerikanische Literatur an der Georgia State University, Atlanta, mit dem Schwerpunkt argentinische Literatur in der Zeit nach der Militärdiktatur, die Aufarbeitung der Traumata und der Politik des Erinnerns. Reati gründete an der Universität das Zentrum für Menschenrechte und Demokratie.weiterlesen