Die Aufgabe der Ästhetik
Versuch einer diskurskritischen Perspektivierung
Produktform: Buch / Einband - flex.(Paperback)
Ästhetik ist heute im weiten Feld zwischen psychologischer Ästhetik, Kunsttheorie und der normativen Philosophie der ästhetischen Erfahrung ein einigermaßen fragwürdiger Gegenstand geworden. Hochgradig heterogene Diskurse um Kunst, Architektur, Musik, Theater, Philosophie, Psychologie, Design, Marketing bis hin zur Zahnmedizin erweitern und verwirren die zugehörigen klassischen Theoriebildungen immer weiter. Der eine spricht so von einem aesthetic turn in den Kulturwissenschaften, während andere zur gleichen Zeit das „Ende der Ästhetik“ verkünden. Aus diesem Grund muss sich Ästhetik heute zunächst wohl mit sich selbst beschäftigen, beispielsweise mit der Art, wie in dem von ihr vorgegebenen diskursiven Rahmen „Kunst“ erzeugt wurde und wird.
Die vorliegende Arbeit möchte unter Rückgriffen nicht nur auf einige Klassiker der Ästhetik, sondern mehr noch auf neuere Ansätze der sprachanalytischen Philosophie, der empirischen Psychologie, des Poststrukturalismus, der Systemtheorie usw. eine Art kulturtheoretische Bestandsaufnahme dieses traditionsreichen Problemfelds wagen; Ästhetik soll dabei verstanden werden als die Wissenschaft von der Beurteilung und Beurteilbarkeit der Dinge, Handlungen und Vorstellungen der sinnlich wahrnehmbaren Welt, sofern das Urteil auf deren besondere, also streitbare Qualität abhebt, also nah bei ihren neuzeitlichen Anfängen bei Baumgarten und Kant.
Vermeidet man diverse gewachsene Verirrungen, wie etwa die einer Verengung des Gegenstandsfelds auf die Kunst oder einer Fokussierung bloß auf das Schöne oder Erhabene, kann die immense Relevanz des Problemfelds auch in epistemologischer und demokratietheoretischer Hinsicht aufgezeigt werden: Das Ästhetische ist ein Zentralmoment der subjektiven Welterzeugung, auch der von (Natur-)Wissenschaftlern, und eine neuerliche „Archäologie des Wissens“ (Foucault) kann auf Ästhetik schon insofern kaum verzichten, als der implizite ästhetische Blick, der allen großen Wissensformationen (nicht nur im Falle von Quasi-Wissen wie des Rassismus oder Sexismus) immer zugrunde liegt, zumindest versuchsweise historisch-kritisch offengelegt werden kann.
Ausgangsthese der Untersuchung ist die Beobachtung einer leisen Aufgabe der Ästhetik inmitten des herrschenden Zwangs einer Ästhetisierung aller nur denkbarer Oberflächen der konkurrierenden Produkte, Standorte und Individuen. Was dabei fehlt, und was eigenartigerweise auch niemand zu vermissen scheint, ist jedwede eigentlich ästhetische Reflexion. Insofern wird die reflektierte Ästhetik vielleicht zu einem Zeitpunkt preisgegeben, da man ihrer am dringendsten benötigen würde – da etwa gilt: „Worauf es jetzt ankommt, ist, zu bestimmen, welche kreativen Möglichkeiten inmitten neuer technologischer Formen des Stumpfsinns generiert werden können.“ (Jonathan Crary)
Dr. Jürgen Riethmüller lehrt an der Merz Akademie Stuttgart, schreibt u.a. für DIE ZEIT und intro und hat neben historischen Publikationen über die Anfänge der Demokratie in Deutschland unter Pseudonym vier Romane veröffentlicht.weiterlesen
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