Die Beichte
Fünf Erzählungen
Produktform: Buch / Einband - flex.(Paperback)
Tschola Lomtatidse – ein Meister der lyrischen Prosa
Fast alle wichtigen Vertreter der georgischen Literatur des XX. Jahrhunderts hatten ein schweres Schicksal. Wenn wir Tschola Lomtatidses Privatleben und literarisches Schaffen mit einem einzigen Wort beschreiben würden, dann wäre dieses Wort „extrem“. Alles, was sich im Leben dieses Schriftstellers ereignet hat, war extrem: sein literarisches Schaffen, seine Liebe, sein Tod. Er schrieb und veröffentlichte seine Gedichte, Miniaturen und Erzählungen von Jugend an, aber seine besten Texte entstanden in der Gefangenschaft.
Tschola Lomtatidse wurde im Jahre 1878 in einer vermögenden Bauernfamilie in einem der schönsten Gebiete Georgiens, in Guria (Gurien), geboren. Um nach dem Abitur eine gute Ausbildung zu bekommen, begab er sich nach Russland, konnte wegen seiner intensiven Tätigkeit als Revolutionär seine Ausbildung aber nicht abschließen. Als ein aktives Mitglied der sozial-demokratischen Partei wurde er im Jahre 1907 verhaftet und bis zum Jahre 1914 verbrachte der an Tuberkulose erkrankte Schriftsteller sein Leben in verschiedenen Gefängnissen des zaristischen Russlands. Die Regierung erlaubte ihm nicht, in seine Heimat zurückzukehren. Lomtatidse starb im Jahre 1915 in Russland, in der Stadt Saratow, in einem Krankenhaus für schwer erkrankte Menschen. Seine Autorität als Revolutionär war so groß, dass die Regierung scharfe Maßnahmen ergreifen musste, um sein Begräbnis nicht in eine mächtige soziale Demonstration und in Unruhen ausufern zu lassen.Trotz seines kurzen und unruhigen Lebens war Lomtatidse ein beeindruckend belesener Schriftsteller. Außer der georgischen kannte er die russische und europäische Literatur. Im Gefängnis übersetzte und vollendete er eine umfassende Auswahl von Gedichten Heinrich Heines, aber das Ergebnis seiner zweijährigen intensiven Arbeit wurde entsprechend einer Entscheidung der Gefängnis-
administration verbrannt, ebenfalls viele eigene Texte des Schriftstellers.
Wie bei allen ästhetisch feinen Autoren ist auch Lomtatidses Prosa frei von jeder Art des stereotypen Kitsches. Er ist kein Autor, der von der Freiheit träumt und über sie schreibt, weil ihm diese Freiheit weggenommen wurde. Lomtatidses Hauptthema ist die Psychologie des Menschen, dem die Freiheit genommen wurde und der sich in einer Situation der Entfremdung von sich selbst befindet. Was passiert mit der Seele und dem Körper des Menschen in diesem Zeitraum? Durch welche sichtbaren oder unsichtbaren psychischen Ursachen werden diese Menschen gequält? Was passiert mit einem Menschen gerade dann, wenn er die Hoffnung schon verloren oder noch nicht verloren hat? Viele ähnliche Fragen werden von Lomtatidse glänzend thematisiert. Eine wichtige Besonderheit seiner Erzählungen ist es, dass ihre handelnden Personen immer erfahrene Menschen sind, die die Grausamkeit des Lebens gut kennen. Die Romantik dieser Menschen ist frei von Illusionen und süßen Träumen.
Die Literaturwissenschaftler zählen Lomtatidses Werk zu der Gattung der lyrischen Prosa, die als ein besonderes Ereignis der klassischen literarischen Moderne in Georgien bewertet wird. Die Technik seines Schreibens ist ausgeprägt und vieldimensional, außerdem ist Lomtatidse ein echter Meister des Beschreibens der vielschichtigen psychologischen Nuancen seiner Personen.
Das Interesse für Lomtatidses besten Erzählungen, zu denen auch die in dieser Auswahl aufgenommenen Texte gehören, ist in Georgien heute noch längst nicht erloschen. Ein besonderes Interesse genießt seine Prosa in verschiedenen Kreisen der nonkonformistisch eingestellten Jugendlichen, und das ist nicht zufällig, denn seine Personen, auch seine offen autobiographischen Texte ähneln der nonkonformistischen europäischen und amerikanischen Literatur der 1960er Jahre.
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