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Die Europäische Union als Krisenmanagerin oder ­‑verliererin?

Möglichkeiten und Grenzen europapolitischer Bildung im Unterricht der Sekundarstufe II am Beispiel der Rechtsstaatlichkeitskrise

Produktform: Buch / Einband - flex.(Paperback)

Der erste Teil der Arbeit widmet sich der politikwissenschaftlichen und rechtlichen Analyse einer als solchen identifizierten „Rechtsstaatlichkeitskrise“. Zunächst stellt die Autorin die Verankerung des Rechtsstaatlichkeitsprinzips als eines der zentralen Prinzipien in den Verträgen der Europäischen Union dar und diskutiert den besonderen Charakter der EU als ein politisches „System sui generis“ (d.h. „eigener Art“), das sich als Staatenverbund mit von den Mitgliedsstaaten übertragenen Regierungskompetenzen demokratischen und rechtsstaatlichen Normen verpflichtet (Kap. 1+2). In einem weiteren Schritt analysiert Hilmes in Kapitel 3 auf der Grundlage der Rechtsstaatlichkeitsberichte der EU sowie durch ergänzende Fachliteratur die „Verstöße gegen die Rechtsstaatlichkeit durch die Mitgliedsstaaten“ anhand der Beispiel Ungarns und Deutschlands. Diese Auswahl wirkt zunächst überraschend, aber in der fachdidaktischen Begründung umso zielführender. Auch wenn in den letzten Jahren insbesondere Ungarn und Polen im Mittelpunkt der öffentlichen Kritik standen, können durchaus auch für Deutschland vereinzelte Probleme bis hin zu einem Vertragsverletzungsverfahren dokumentiert werden. Ihre Untersuchung richtet sich jeweils auf die vier Schwerpunkte: Unabhängigkeit und Effizienz des Justizsystems, Korruptionsbekämpfung, Medienpluralismus und -freiheit sowie Gewaltenteilung und -kontrolle. Im Kapitel 4 widmet sich die Autorin der Überprüfung dieser selbst gesetzten Standards innerhalb der EU-Institutionen. Insbesondere 8 die problematische Gewaltenverschränkung und Verschiebung zugunsten der Exekutiven (durch die starke Position der Kommission und des Rates) aber auch das Fehlen einer europäischen Öffentlichkeit zeigt hier wiederum den Zusammenhang von Problemen der Rechtsstaatlichkeit und einem strukturellen Demokratiedefizit der EU. Im zweiten Teil der Arbeit wird die eigene empirische Untersuchung dokumentiert. Auf der Grundlage einer ausführlichen Unterrichtsreihe für die Sek. II formuliert die Autorin Aufgaben europapolitischer Bildung und konkrete Vorschläge für deren Umsetzung im Unterricht. In Expert*inneninterviews werden diese Ansprüche mit den curricularen, schulischen und professionsbezogenen Rahmenbedingungen des Unterrichts verglichen. Die Autorin arbeitet überzeugend heraus, inwiefern im bisherigen Unterricht Verstöße der Rechtsstaatlichkeit im europäischen Kontext kaum eine Rolle spielen. Die sehr anspruchsvolle Unterrichtskonzeption zeigt Potentiale für eine vertiefende Auseinandersetzung mit der offenen, immer wieder auch krisenhaften Entwicklung der EU hinsichtlich der (mehr oder weniger gelungenen) Verwirklichung ihrer eigenen Grundwerte. Die didaktisch-methodische Konzeption der Unterrichtsreihe ist der Fragestellung der Arbeit sehr gut nachvollziehbar. Die Ergebnisse werden in sinnvoller Weise an die konzeptionellen Überlegungen im Theorieteil der Arbeit zurückgebunden und fließen in die Reflexion der Analyse im Fazit der Arbeit mit ein. Die Argumentation wird sehr dicht durch Originaldokumente und Fachliteratur belegt, wobei auch deren kontroverse Positionen und offene Forschungsfragen Berücksichtigung finden. Die Arbeit stellt damit einen wichtigen Impuls zur Weiterentwicklung europapolitischer Ansätze politischer Bildung und ihrer erfolgreichen Umsetzung im Politik- und Wirtschaftsunterricht dar. Zugleich erschließt sie offene Fragen der Demokratieentwicklung in der Europäischen Union und thematisiert damit auch die Rahmenbedingungen sowie Möglichkeiten und Grenzen demokratischer Beteiligung junger Menschen.weiterlesen

Dieser Artikel gehört zu den folgenden Serien

Sprache(n): Deutsch

ISBN: 978-3-7376-1148-0 / 978-3737611480 / 9783737611480

Verlag: Kassel University Press

Erscheinungsdatum: 09.11.2023

Seiten: 104

Autor(en): Anna Michèle Hilmes

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