Die Europäisierung der Wohlfahrtsverbände
Eine Strategieanalyse der Diakonie Deutschland
Produktform: Buch / Einband - flex.(Paperback)
Die Europäische Union nimmt sowohl durch sozialpolitische Vorgaben wie z.B. den Regelungen zur Gleichbehandlung der Geschlechter oder Richtlinien zum Arbeitsschutz, als auch über wettbewerbsrechtliche Vorgaben Einfluss auf die nationale Sozialpolitik. Hervorzuheben ist dabei unter anderem das europäische Beihilferecht, welches jegliche staatliche Finanzierungsformen verbietet, also auch die Befreiung von Steuern wie im Fall des Status der Gemeinnützigkeit. Die zunehmende Relevanz europäischer Entscheidungen auf die soziale Daseinsvorsorge wirft die Frage auf, in(wie)fern nationale Interessenorganisationen bzw. die für Europa zuständigen Einheiten mit einer proaktiven EU-Strategie auftreten und welchen (Strategie-)Problemen sie sich dabei gegenübergestellt sehen. In dieser induktiv angelegten, qualitativen Vergleichsstudie der Diakonie Deutschland und des Paritätischen Gesamtverbands, welche zwei der größten Wohlfahrtsverbände in Deutschland sind, wird dieser Frage auf den Grund gegangen. Die Wohlfahrtsverbände stellen einen besonderen Typus in der deutschen Verbändelandschaft dar. Sie sind nicht nur Vereinigungen von etwa 120.000 Einrichtungen und Diensten, die Sozial- und Gesundheitsdienstleistungen anbieten, und unter deren Dach etwa zwei Millionen Menschen hauptamtlich beschäftigt sind. Sie sind darüber hinaus Impulsgeber für die Weiterentwicklung von Sozial- und Gesundheitspolitik auf allen Ebenen des politisch-administrativen Systems. Dabei vertreten sie zum einen die Belange der ihnen angehörenden Einrichtungen (Bestandsinteressen) und gelten zum anderen als Paradebeispiel für den anwaltschaftlichen Einsatz für „schwache Interessen“; also für Menschen, die ihre Interessen aufgrund mangelnder Organisations- oder Konfliktfähigkeit nicht oder nur erschwert selbst vertreten können. Zudem weisen die Wohlfahrtsverbände eine föderale Verbandsstruktur auf, in der das Verhältnis der Einheiten zueinander durch gemeinsame Werte gefestigt wird, die Verbandseinheiten jedoch rechtlich eigenständig und unabhängig agieren.
In der Studie wird basierend auf den Auswertungen von ExpertInneninterviews und durch eine Analyse von Dokumenten sowie von Protokollen nicht-teilnehmender Beobachtung gezeigt, dass sich diese Eigenschaften bei beiden untersuchten Verbänden in unterschiedlichem Ausmaß als Treiber und Hindernis für die Aushandlung und Umsetzung von EU-Strategien
erweisen. Einerseits werden sowohl die Idealziele als auch die Bestandsinteressen der Verbände von europäischen Vorgaben betroffen und lösen programmpolitische wie auch handlungsstrategische Reaktionen aus. Andererseits erweist sich der europäische Handlungsrahmen mitunter als ein Brennglas auf die bereits im Kontext nationalstaatlicher Aushandlungsprozesse beobachtete Herausforderung, aus den multiplen Interessen innerhalb der Wohlfahrtsverbände eine einheitliche programmpolitische Strategie zu entwickeln. Dies erzeugt bei beiden Verbänden Abkopplungstendenzen von Mitgliedern, die mit eigenem Programm und eigener Man-Power im EU-Bereich aktiv sind. Auch erweisen sich die in unterschiedlicher Höhe mobilisierten personellen Ressourcen und die beschränkten Möglichkeiten der transnationalen Vernetzung mit ähnlichen Partnern als Hindernis, um sich in der pluralistisch geprägten Brüsseler Lobbyingarena Gehör für die Interessen der deutschen Wohlfahrtsverbände zu verschaffen.weiterlesen
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