Dieses Journal lässt sich auch als lange essayistische Erzählung lesen. Jürgmeier berichtet aus dem Alltag, reflektiert ihn, treibt ihn teilweise ins Fiktive weiter und macht im Wechselspiel von Naturerlebnissen, persönlichen Befindlichkeiten sowie gesellschaftlichen Verhältnissen die heutige Lage sichtbar.
Die Aufzeichnungen reichen von 2016 bis 2020 – von Trump the Greatest und der »Nazi-Schlampe« Alice Weidel bis zu den Katzen von Aleppo und Corona. Aus konkreten Erfahrungen entwickeln sich weitergehende Erkenntnisse, wobei erstere ihren eigenen Wert behalten. Die Beobachtung ›Noch nie habe ich eine Frau mit Drohne gesehen‹ führt zu Erwägungen über männlich aufgeladene Technologien. Anhand einer Lesefrucht wie ›Fluchtfliegen‹ wird die Bedeutung von Versprechern und Sprachregelungen verhandelt. Und die Gams, ja, die lebt nicht im Frieden, für sie ist immer Jagdzeit. Was auch uns zu drohen scheint.
Die erzählerisch gehaltenen, teilweise satirisch zugespitzten Erörterungen sind leicht lesbar und stellen auch eigene Gewissheiten infrage. Zugunsten eines gesellschaftlichen Engagements, das sich sorgt, differenziert, aber nicht verzweifelt.weiterlesen