Wolf Angebauer, den nach Besuchen der Afrika vorgelagerten Inseln des Indischen Ozeans die Faszination dieser Region nie mehr losgelassen hat, läßt in seiner sorgfältig recherchierten historischen Erzählung die präkoloniale Welt Madagaskars auf eine Weise präsent werden, wie dies in der entsprechenden deutschsprachigen Literatur bisher kaum der Fall war. Angeregt durch frühere Arbeiten autochthoner Autoren, die nach der Entstehung einer madagassischen Schriftsprache im ersten Drittel des vorigen Jahrh8nderts uralte mündliche Überlieferungen niederschrieben, läßt er seinen Protagonisten Maonjana das eigene Leben wie auch die Geschichte seines Volkes der Merina erzählen, das zu Beginn des 2.Jahrtausends auf einer unfaßbaren Reise aus dem pazifischen Raum nach Madagaskar gelangte.
Als Sekretär der primär im französischen Kulturbereich bekannten Abenteuerpersönlichkeit Jean Laborde, ein Günstling der Königin Ranavalona I
(1789-1861), gewinnt Maonjana Einblicke in die Besonderheiten des Hoflebens als auch in die Intrigen der um jeweilige persönliche, nationale oder religiöse Vorteile buhlenden europäischen Besucher. Hier werden besonders die Machtanmaßungen inselfremder Kräfte deutlich, die das Schicksal eines ganzen Kontinents so entscheidend beeinflussen sollten.
Maonjana, polygam verheiratet und mehrfacher Vater, gerät schließlich in die Wirren jenes gegen die Königin inszenierten Komplotts, das auch die berühmte Weltreisende Ida Pfeiffer unter derart dramatischen Umständen mit Ranavalona I zusammenführte, daß ihr bedeutendes Werk „Reise nach Madagaskar“ (Wien, 1861) nur noch posthum veröffentlicht werden konnte.
In einem detaillierten alphabetischen Glossar, das noch weit über die ausführlichen Textanmerkungen hinausgeht, erschließt sich dem Leser zudem ein beachtliches Wissen über die Große Insel.weiterlesen