Um den langjährigen Krieg zwischen Rom und Alba Longa zu entscheiden, kommt es zu einem Stellvertreterkampf: Drei Horazier treten für Rom gegen drei Curiazier aus Alba Longa an. Die Kämpfer sind nicht nur befreundet, sondern auch verwandt und verschwägert – müssen aber ihre zwischenmenschlichen Beziehungen dem Kampf fürs Vaterland unterordnen. In Georg Behrmanns Version des bei Titus Livius überlieferten Stoffs gerät dieser eherne Ehrenkodex in Bedrängnis. Im Namen der ›Menschlichkeit‹ protestiert die Horazierin Camilla gegen den Kampf, durch den sie entweder ihre Brüder oder ihren Verlobten Curiaz verlieren wird. Zwar wird ihr Insistieren auf dem ethischen Wert von Gefühl und Menschlichkeit von den anderen Figuren unter Berufung auf die vaterländische Pflicht vehement zurückgewiesen. Anders als bei Livius und anders auch als in Pierre Corneilles Horace (1654) wird Camilla bei Behrmann aber nicht getötet, als sie aus Trauer um den Verlobten ihren siegreich zurückkehrenden Bruder und sogar Rom selbst verflucht. Im Gegenteil: Sie behält das letzte Wort. Behrmanns Drama ist so von der Spannung zwischen zwei gleichzeitig Gültigkeit beanspruchenden Wertesystemen geprägt: dem der heroischen Pflichterfüllung und dem der Menschlichkeit und der Ethik des Gefühls.
Die Horazier ist Georg Behrmanns erstes Trauerspiel. Es wurde 1733 in Hamburg uraufgeführt und war über zwei Jahrzehnte auf deutschsprachigen Bühnen präsent. Die dieser Ausgabe zugrundeliegende Druckfassung erschien 1751.weiterlesen