Die jüngstbronze- bis ältereisenzeitliche Siedlung Wustermark 14, Lkr. Havelland
Produktform: Buch / Einband - fest (Hardcover)
Inhalt
Im Rahmen einer 17-monatigen Kampagne wurden ca. 4,5 ha des Bodendenkmals Wustermark 14 ausgegraben und dabei 3837 Befunde verschiedener Zeitstellungen aufgedeckt. Der Schwerpunkt der vorgeschichtlichen Besiedlung liegt während der Jüngstbronze- bis älteren Eisenzeit. Das Fundmaterial datiert 464 Befunde eindeutig in diesen Zeitraum. Bei den Untersuchungen wurde die Ausdehnung der Siedlung nach Norden und Westen nahezu komplett erfasst. Dagegen reichte sie nach Süden und insbesondere nach Osten weiter, ohne dass derzeit Angaben zur exakten Größe möglich sind. Das Gelände östlich der B 273 wird z. Zt. als Wiese genutzt: von dort liegen bisher keine Unterlagen über archäologische Aktivitäten vor.
Der Großteil der 464 metallzeitlichen Befunde setzt sich aus Gruben zusammen, unter denen diejenigen mit muldenförmigem Profil gefolgt von kesselförmigen dominieren. Für die kessel- und kegelstumpfförmigen Gruben geht man in der Regel von einer Speicherfunktion aus. Dagegen lässt sich den muldenförmigen Stellen keine eindeutige Funktion zuweisen.
Trotz der zahlreich vorhandenen Pfostenlöcher konnten keine ebenerdigen Gebäude oder Hofplätze rekonstruiert werden. Da diese Befunde in Wustermark 14 nur selten Funde enthielten, wurden nur elf Stellen berücksichtigt. Beim Vergleich mit Zedau fällt außerdem auf, dass keine metallzeitlichen Grubenhäuser, so genannte eingetiefte Häuser, zu beobachten waren . Da sie bei den großflächigen Untersuchungen mit Sicherheit hätten entdeckt werden müssen, ist davon auszugehen, dass es sie nicht gab. Dies ist am ehesten mit einem relativ hohen Grundwasserspiegel zu erklären, wie er für den Großteil der Früheisenzeit angenommen wird und der die Errichtung derartiger Bauten offensichtlich unmöglich machte.
Besonders zu erwähnen sind schließlich die zahlreichen Steinpackungen, eine typische Erscheinung jüngstbronze- bis ältereisenzeitlicher Siedlungen. Die übrigen Befundgruppen (Verfärbungen, Grubenkomplexe und Scherbenkonzentrationen) spielen nur eine untergeordnete Rolle.
Die Analyse der aufgenommenen 1983 Gefäßeinheiten ergab das zu erwartende typische Spektrum einer jüngstbronze- bis ältereisenzeitlichen Siedlung. Mit ca. 36 % liegen Töpfe in der Häufigkeit vorn, gefolgt von Schalen (ca. 28 %) und Terrinen (ca. 16 %), während die übrigen Formen unter zehn Prozent bleiben. Dies entspricht weitgehend den gängigen Verhältnissen in Billendorfer Siedlungen, wenn man insbesondere die Terrinen mit hohem konischem Hals mit ca. 5,5 % berücksichtigt (ebd. 72 f. Abb. 59). Im Ganzen gesehen sind die Keramikformen hauptsächlich von dieser südlich angrenzenden Kulturgruppe übernommen worden, während die Kontakte nach Osten (Spindlersfelder und Göritzer Gruppe) geringer ausfielen. Sichere Bezüge zur Hausurnenkultur konnten nicht nachgewiesen werden.
Hauptsächlich bestand die metallzeitliche Siedlung Wustermark 14 während der Periode VI des Nordischen Kreises, was weitgehend den Stufen Billendorf I bzw. Göritz I der Lausitzer Kultur entspricht. Nur in Ausnahmefällen ließen sich einzelne Befunde innerhalb dieses ca. 200 Jahre währenden Zeitraums chronologisch näher eingrenzen. Aufgrund typologischer Merkmale war neben der früheisenzeitlichen Besiedlung eine etwas ältere Phase nachweisbar. Diese zeigt noch eindeutig jüngstbronzezeitliche Züge und liegt in der Südzone der Grabungsfläche. Dass man die Siedlung erst in der zweiten Hälfte der waagerecht gerieften Ware gegründet hat, ergibt sich aus den nur noch selten deutlich gegliederten Gefäßen sowie dem Fehlen verschiedener älterer Merkmale. Hierzu zählt z. B. das Verzieren der Gefäßinnenböden mit konzentrischen Riefen oder das Vorhandensein von Lappenschalen, wie sie aus Zedau oder Pevestorf 19. Während teilweise eine allgemeine Datierung dieses Schalentyps in die Perioden IV–VI vorgenommen wurde, bestätigt sich hier offensichtlich die Annahme, dass sie nur bis in eine Frühphase von P V reichen.
Außerdem kamen mehrere Befunde mit typischen Formen der frühen Jastorf-Kultur zutage, die jedoch zahlenmäßig hinter den früheisenzeitlichen Stellen zurückbleiben. Die geringe Zahl an sicher jastorfzeitlichen Befunden legt nahe, dass die Siedlung schon vor dem Ende der Stufe Jastorf I a abbrach. Absolutchronologisch bestand demnach die maximal 400 Jahre dauernde Besiedlung von ca. 850 bis 450 v. Chr. Mehrfache Überschneidungen sowie verschiedene Befunde, die mit Sicherheit den einzelnen Unterstufen entsprechend der Chronologie für die Niederlausitz zugewiesen werden können, belegen die durchgehende Nutzung des Platzes. Anhaltspunkte für einen Grund zur Aufgabe der Siedlung im Verlauf der Stufe Jastorf I a fanden sich nicht.
Obwohl feinchronologische Aussagen nur selten möglich waren, konnte eine gesicherte zeitliche Dreiteilung des Fundmaterials ermittelt werden. Dieses Ergebnis geht auf die Überlegungen im Rahmen der typologisch-stratigrafischen Untersuchungen zurück. Die Anwendung kombinationsstatistischer Verfahren lieferte hierzu keine weiteren Ergebnisse.
Die chorologische Verteilung einzelner Keramikformen und der feinchronologisch ansprechbaren Befunde ergab, dass der Siedlungsbeginn im Süden der Grabungsfläche lag, von wo aus das übrige Areal in jüngeren Phasen erschlossen wurde. Weitere Strukturanalysen, wie sie auf anderen eisenzeitlichen Siedlungsplätzen teilweise möglich sind (z. B. jüngst für Nordhessen: Schotten 1996), können z. Zt. für Wustermark 14 nicht durchgeführt werden.
Allgemein zeigt das jüngstbronze- und früheisenzeitliche Fundmaterial deutliche Parallelen zur Lausitzer Kultur. Dies betrifft sowohl Gefäßformen als auch Verzierungen, wie z. B. waagerechte Riefen, Innenrandfacettierung oder Randzipfel. Diesen Aspekt würdigte Horst bei seinen Arbeiten über die Keramik im Elb-Havel-Gebiet, in denen er sich auf die einheimischen Formen konzentrierte, kaum. Die P V-zeitlichen Siedlungen Zedau in der Altmark und Pevestorf 19 in Niedersachsen belegen, wie weit die Einflüsse der Lausitzer Kultur nach Westen reichten.
Wie der Fundplatz Wustermark 14 beweist, lehnen sich die Gefäße im Havelraum auch während der spätesten Bronze- und frühen Eisenzeit stark an den Süden an. Dabei ist die Keramikentwicklung von scharf gegliederten Formen zu flauen Gefäßprofilen tendenziell den Verhältnissen in der Lausitzer Kultur vergleichbar. Zahlreiche typische Merkmale der Jüngstbronzezeit sind hier jedoch langlebiger und reichen bis in P VI. Ob sie bis an den Übergang zur Jastorf-Kultur andauern oder ob ihre Produktion schon früher endete, ist indessen derzeit nicht zu klären.
Eine eigenständige Gefäßgestaltung erfolgte erst am Übergang zur Jastorf-Kultur am Beginn von Ha D2. Deshalb ist als wichtigstes Ergebnis dieser Arbeit hervorzuheben, dass die für die Billendorfer und Göritzer Gruppe erarbeiteten Feinchronologien auf das Havelgebiet nur bedingt anzuwenden sind. Für weitere siedlungsarchäologische Aussagen ist daher anhand einphasiger Plätze eine detaillierte Siedlungschronologie zu erstellen, bevor mehrphasige Siedlungen genauer analysiert werden können.
Ob die aus der ersten Hälfte von P V stammende Siedlung Zedau in der Altmark wirklich, wie Horst vermutete, einphasig bestand, wird sich erst nach Vorlage des gesamten Fundmaterials bestätigen.77 Dennoch lässt sich mit den beiden Fundplätzen Zedau und Wustermark 14 die allgemeine Entwicklung der Keramik vom Beginn der waagerecht gerieften Ware bis in die ältere Eisenzeit ablesen. Etwa zeitgleich mit Zedau scheint die jüngstbronzezeitliche Siedlung Wustermark 10 zu sein, sodass nach deren Materialvorlage eine Keramikchronologie für eine Kleinlandschaft erstellt werden kann. Eine Wandscherbe aus Wustermark 10 ist jedoch mit dem Dellen-Sparren-Dekor verziert und stammt eindeutig aus der älteren Eisenzeit.Eine durchgehende Nutzung von der älteren P V bis zur Eisenzeit lässt sich aber nicht finden. Dabei ist zu bedenken, dass nur ein kleiner Ausschnitt der Siedlungsfläche ausgegraben wurde.
Eine kurze Nutzungsdauer scheint allgemein für offene Siedlungen der Jungbronze- und Eisenzeit üblich gewesen zu sein. Der Fundplatz Wustermark 14 mit seiner ca. 400-jährigen durchgehenden Belegung hebt sich davon prägnant ab. Seine Größe von ca. 6 ha, die nur z. T. ausgegraben werden konnte, rückt ihn im Stellenwert zudem in die Nähe eines von Horst postulierten jungbronzezeitlichen Fernhandelszentrums. Ein solches machte Horst ca. 30 km südwestlich für den Raum der Stadt Brandenburg wahrscheinlich, ohne die Lage genau lokalisieren zu können. Hier finden sich zahlreiche früheisenzeitliche metallene Importe sowie die ausschließliche Konzentration der seinerzeit bekannten acht Buckelschalen. Durch die sieben neuen Turbanrandschalen mit Buckelverzierung aus Wustermark 14, die im Gegensatz zu den übrigen Funden von nur einem Fundplatz stammen, lassen sich eindeutige typologische Verbindungen nachweisen. Dies untermauert die verkehrsstrategische Bedeutung von Wustermark 14 an einem Übergang über die Wublitzrinne als West-Ost-Verbindung.
Insgesamt stellt Wustermark 14 somit eine Siedlung dar, die den kontinuierlichen Übergang von der Bronze- zur Eisenzeit im Havelgebiet belegt. Die sich allmählich abzeichnende Entwicklung der Gefäßformen und Verzierungen veranschaulicht die ständige Besiedlung des Platzes während dieser Zeit. Dabei fällt besonders für das Havelgebiet die Langlebigkeit der einzelnen Gefäßtypen auf. Die Übertragung der gängigen straffen Gräberfeldchronologie auf Siedlungsmaterial birgt demnach erhebliche Risiken und ist nur bedingt möglich. Wustermark 14 ist damit Beleg für eine Siedlungsplatzkontinuität von der Jüngstbronzezeit bis in Jastorf-Kultur, nach der Keiling noch gesucht hatte, wobei er seinerzeit nur auf eine Gräberfeldkontinuität zurückgreifen konnte.
Within the framework of a 17 month excavation campaign, an area of approximately 4.5 hectares was investigated on the site of the ancient monument, Wustermark 14, which revealed a total of 3837 contexts belonging to various cultural periods. The focus of the investigation centred on the prehistoric settlement phases of the Late Bronze Age and Early Iron Age, to which 464 features could be positively dated. The excavations revealed the almost complete extent of the settlement to the north and west, whereby to the south and east this information was not forthcoming.
The majority of the 464 late prehistoric contexts were pits dominated by trough-shaped sections followed by butt-shaped forms. The latter form together with basal cone form is generally assumed to represent storage function, whereas the former cannot be assigned to anything in particular.
Despite the presence of numerous postholes the reconstruction of neither ground-level buildings nor enclosures was possible. However, as such features seldom contain finds only 11were taken into consideration.
Moreover, no late prehistoric sunken huts were unearthed. If we adhere to the premise that within large open-area excavations they ought to have been revealed, we can then safely assume none existed in Wustermark 14. This could be explained by the relatively high water table that is assumed for the majority of the Early Iron Age.
Noteworthy is the presence of stone concentrations, which represent a typical feature of Late Bronze-Early Iron Age settlement. The remaining context groups (soil colourations, pit complexes and concentrations of ceramic) play a subordinate role.
Analysis of the pottery recorded in 1983 revealed the typical spectrum of a Late Bronze to Early Iron Age settlement. At ca. 36%, pots were the most frequent vessel form, followed by bowls (ca. 28%) and ‘Terrinen’ (ca. 16%). The remaining forms accounted for less than 10%. These proportions are concurrent with ceramic from settlements of the Billendorf culture, especially if we take into consideration the ca. 5% of ‘Terrinen’ with high conical necks. Indeed, the ceramic generally resembles forms adapted from this neighbouring cultural group to the south rather than the Spindlersfeld and Göritz cultural groups located further east. Explicit ties to the ‘Hausurnen’ culture could not be ascertained.
The late prehistoric settlement of Wustermark 14 existed during Period IV of the Nordischer Kreis, which can be equated with phases Billendorf I and Göritz I of the Lusatian Culture. Only in exceptional cases could contexts be more precisely aligned within the chronology of this approximately 200 year period. On the basis of ceramic typology, an earlier settlement phase was pinpointed within the south of the excavation area, which was clearly Late Bronze Age in character. An indication that the settlement was initially founded in the second half of the horizontally grooved ware is illustrated two-fold by the scarcity of clearly grouped vessels, and by the lack of various older typological traits, e.g. the decoration of the interior of vessel bases with concentric grooves, or the existence of ‘Lappenschalen’. This apparently confirms the notion that ‘Lappenschalen’ exist only into an early phase of Period V.
Furthermore, many contexts bore forms typical to the Jastorf Culture. However, these were numerically fewer than the Early Iron Age contexts. A dearth of definite Jastorf contexts suggests that the settlement was abandoned before the end of phase Jastorf I a. Accordingly, the 400 year old settlement existed from around 850 to 450 BC. The much noted horizontal stratigraphy of the contexts together with features that clearly belong to sub-phases of the Niederlausitz chronology provides evidence of continuous settlement occupation. An indication of why the settlement was abandoned in the course of the phase Jastorf I a could not be inferred.
Despite the scarcity of precise chronological evidence, a reliable threefold division of the finds was possible. This result is based on the framework of a typological and stratigraphic investigation. The application of statistical correlation was unable to deliver further results.
The chronological distribution of specific ceramic forms and well-dated features indicates that the original core of the settlement lay within the south of the excavation area, from where the remaining area was developed in the early phases. Further structural analysis of Wustermark 14 is, at present, unavailable.
Generally, the Late Bronze and Early Iron Age finds from Wustermark 14 display parallels with the Lusatian Culture. This relates to both ceramic forms and decoration, e.g. horizontal grooves and inner rim faceting. The Period V settlements Zedau in the Altmark and Pevestorf 19 in Lower Saxony demonstrate how far to the west the influence of the Lusation Culture extended.
As the site of Wustermark 14 proves, the ceramic of the Havel region during the Late Bronze and Early Iron Age bears a strong resemblance to southern forms. A proprietary form of pottery first took over with the transition to the Jastorf Culture at the beginning of Ha D 2. A very important aspect of this investigation’s results is to emphasize that the precise Billendorf and Göritz chronologies are only of limited use for the Havel region. Further postulations about settlement archaeology should be made on the basis of the detailed chronologies of single phase sites before the analyses of multi-period settlements are attempted.
It appears that open-plan settlements of the Late Bronze and Early Iron Age were commonly occupied only for a brief time. Here, the site of Wustermark 14 with its near 400 year occupation differs considerably. The size of ca. 6 hectares (only partially excavated) shifts the value of the settlement towards that, postulated by Horst, of a Late Bronze Age trading centre. The possible location of such a settlement, some 30 km distant, in the region of the City of Brandenburg was suspected, without its precise geographical location ever being found. Abundant Early Iron Age metallic imports as well as the only concentration of the, then known, 8 bossed bowls (Buckelschalen) were found here. Because of the 7 new turban-rimmed bowls with bossed decoration from Wustermark 14, which, in contrast to the other finds, originate from one site, definite typological connections can be made. This underlines the strategic importance of Wustermark 14 as crossing point of the Wublitz channel on a west-east trade route.
Wustermark 14 represents an example of settlement continuity in the transition from the Bronze Age to Iron Age within the Havel region. The gradual development of vessel forms and decoration illustrates the unbroken occupation of this site during this period. Notable for the Havel region is the chronological longevity of particular vessel forms. The application of the current rigid Urnfield chronology to settlement material here conceals considerable interpretative risks and is thus only of limited use. Wustermark 14 is consequently an example of settlement continuity from the Late Bronze Age to the Jastorf Culture.weiterlesen
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