Die Kultur des Rituals
Inszenierungen. Praktiken. Symbole
Produktform: Buch / Einband - flex.(Paperback)
Die aktuelle Debatte und die Wiederentdeckung des Rituals ist nicht zufällig. In der gegenwärtigen politischen Situation, die von Diskussionen um den Zerfall des Sozialen, den Verlust von Werten und der Suche nach einer kulturellen Identität geprägt sind, gewinnen Rituale und Ritualisierungen eine größere Bedeutung. Wurden sie im Zuge der 68er Debatte um den Nationalsozialismus fast ausschließlich unter den Aspekten der Stereotypie, Rigidität und Gewalt thematisiert, wenn nicht gleich nur vormodernen Gesellschaften zugeschrieben, so sollen sie jetzt eine Brückenfunktion zwischen den Individuen, den Gemeinschaften und den Kulturen übernehmen. Dabei lässt sich in den hier vorliegenden neuen Arbeiten der Trend zu einer neuen Akzentuierung in des Ritualbegriffs ausmachen. Die an der Phänomenologie, Medientheorie, Literaturwissenschaft, Ethnologie und den Kultur- und Geschichtswissenschaften orientierten Bestimmungen des Rituals fokussieren auf die Formen der Inszenierung von Macht, auf die Dynamiken symbolischer Ordnungen und auf die Magie des Ästhetischen. Rituale erscheinen als performative kulturelle Welten. Für die Entstehung und Praxis von Religion, Gesellschaft und Gemeinschaft, Politik und Wirtschaft, Kunst und Wissenschaft, Erziehung und Bildung sind sie unerlässlich. Mit ihrer Hilfe werden die Welt und die menschlichen Verhältnisse geordnet und interpretiert; in ihnen werden sie erlebt und konstruiert. Rituale erzeugen einen Zusammenhang zwischen Geschichte, Gegenwart und Zukunft; sie ermöglichen Kontinuität und Veränderung, Struktur und Gemeinschaft sowie Erfahrungen von Transition und Transzendenz. Sie erscheinen nun nicht mehr als irrationaler Ausdruck von Mysterien kultischen Ursprungs, oder als Medium einer zum Irrationalismus geronnenen instrumentellen Vernunft totalitärer Systeme, sondern als lebensweltliche Scharniere, die durch ihren sozialen, ethischen und ästhetischen Gehalt unhintergehbare Sicherheiten in den Zeiten der Unübersichtlichkeit gewähren sollen.
Aus dem Inhalt
CHRISTOPH WULF, JÖRG ZIRFAS
Performative Welten. Einführung in die historischen, systematischen und methodischen Dimensionen des Rituals
CHRISTOPH WULF
Ritual, Macht und Performativität. Die Inthronisation des amerikanischen Präsidenten
KLAUS-PETER KÖPPING
Geborgte Autorität? Autorität und Verhandelbarkeit von Shinto- und Volksritualen in Japan
HORST WENZEL
Ritual und Repräsentation
WERNER RÖCKE
Die Gewalt der Narren. Rituale der Gewalt und der Gewaltvermeidung in der Narrenkultur des späten Mittelalters
JÖRG ZIRFAS
Rituale der Grausamkeit. Performative Praktiken der Folter
HANS-GEORG SOEFFNER
Überlegungen zur Soziologie des Symbols und des Rituals
GERD ALTHOFF
Baupläne der Rituale im Mittelalter. Zur Genese und Geschichte mittelalterlicher Herrschaftsrituale
INGRID KASTEN
Ritual und Emotionalität. Die Anfänge des Theaters im Mittelalter
AXEL MICHAELS
Das Heulen der Schakale. Ein Tier- und „Menschen“-opferritual in Nepal
CATHERINE BELL
Exercise, Ritual, and Political Dissent: The Falun Gong
KARL-SIEGBERT REHBERG
Institutionelle Ordnungen zwischen Ritual und Ritualisierung
HELMAR SCHRAMM
Ritual und Instrument
ERIKA FISCHER-LICHTE
Theater und Ritual
ANGELA KEPPLER
Das Ritual politischer Talkshows
LUDWIG JÄGER
Zur medialen Logik von Ritualen
JOHANNES BILSTEIN
Zur Ikonographie von Ritualen
GERT NEUMANN
Le rituel piège. Daniel Spoerris Fallenbilder zwischen Kunst und Ethnographieweiterlesen
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