Opernskandale vermögen bis heute immer wieder gleichermaßen das Publikum wie das Feuilleton zu elektrisieren; als Gegenstand einer wissenschaftlichen Betrachtung sind sie hingegen bislang überraschend unterbelichtet geblieben. Dabei verbirgt sich hinter ihnen im interessanten Fall weit mehr als ein kurzer, medienwirksamer Aufreger. Geben sich im aufgeführten Protest gegen eine künstlerische Darbietung bei aller vordergründigen Theatralik doch zugleich immer überkommene ästhetische oder anderweitige gesellschaftliche Normen zu erkennen, deren Geltung offensichtlich unsicher geworden ist und die im Konflikt entsprechend neu ausgehandelt zu werden verlangen.
Ausgehend von dieser Annahme betrachtet die vorliegende Studie über Die Kunst des Skandals Opernskandale als prädestinierte Drehmomente von Theatergeschichte und schlägt dabei einen historischen Bogen, der von den umkämpften Uraufführungen der Nachkriegsmoderne und dem Traditionsbruch des Neu-Bayreuther Aufführungsstils über die Durchsetzung eines realistischen Musiktheaters auf den Bühnen der 1970er Jahre bis zu den jüngeren Schlachten um das sogenannte Regietheater in der Oper reicht. In deutsch-deutscher Perspektive nachgezeichnet wird dabei nicht nur, wie Opernskandale den ästhetischen Diskurs und darüber wiederum die Aufführungspraxis geprägt haben. Umgekehrt gilt die Aufmerksamkeit auch der Gestalt von Skandalen in unterschiedlichen politischen Systemen und der Frage, inwieweit sich diese unter dem Eindruck gesellschaftlicher und medialer Umbrüche ihrerseits verändert.weiterlesen