»Männer der Republik, seyd ihr gefast etwas schreckliches zu hören?« Mit dieser Frage verkündet eine Mutter die Ungeheuerlichkeit, ihre Tochter sei von einem Unbekannten auf einem Maskenball belästigt und bis nach Hause verfolgt worden. Diesen Skandal an einem deutschen Musenhof versucht Goethes künftiger Schwager Christian August Vulpius in seinem Lustspiel von 1788 aufzuklären. Alle Figuren stecken noch in den Verkleidungen der Redoute, und alle sind Adepten der Dichtung. Niemand ahnt den ernsten Kern dieser Liebeständelei: Der Unbekannte wird erfahren, dass er unwissend um seine Schwester warb und die eigene Mutter verführte. Vulpius verkehrt damit den tragischen Stoff von König Ödipus ins lustspielhaft Komische. Gelacht wird über eine zuletzt erhellende Liebesblindheit, über Bildungsbeflissenheit in einem Provinzort sowie die Sucht nach Theater und Singspiel. Der Schauplatz weist so deutliche Ähnlichkeiten mit Vulpius’ Geburts- und Wirkungsort auf, dass die kleine Posse als eine frühe Antwort der ›Anderen Klassik‹ auf die ›Weimarer Klassik‹ verstanden werden kann.weiterlesen