Die Oratorische Bibliothek des Königlichen Pädagogiums zu Halle
Eine Schulbibliothek um 1800
Produktform: Buch / Einband - flex.(Paperback)
Eine rhetorische Ausbildung war an den Gelehrtenschulen in der Frühen Neuzeit ein wichtiges Unterrichtsziel. In den Franckeschen Stiftungen bildete der oratorische Unterricht am Königlichen Pädagogium ein Alleinstellungsmerkmal unter den hier verorteten Schulen. War die Rhetorikschulung zunächst integraler Bestandteil des fremdsprachlichen Unterrichts, nahm im Verlauf des 18. Jahrhunderts die Bedeutung des oratorischen Unterrichts – des Rhetorikunterrichts in deutscher Sprache – deutlich zu. Neben der Redepraxis gehörte zu diesem Unterricht auch das Verfassen von Reden, Briefen und poetischen Werken.
Mit der Übernahme der Leitung des Pädagogiums 1784 durch August Hermann Niemeyer (1744–1828) wurde die zeitgenössische deutsche Literatur zu einem wichtigen Bestandteil des oratorischen Unterrichts. In seinem pädagogischen Handbuch Grundsätze der Erziehung und des Unterrichts forderte er die Einrichtung von Schulbibliotheken an allen Schulen Preußens. In den Stiftungsschulen setzte er dieses Ziel um. Die erste, hier Schülern zugängliche Bibliothek war die Oratorische Bibliothek des Pädagogiums, »eine Sammlung Kinderschriften, Reisebeschreibungen und Werken der Vortrefflichsten Schriftsteller unserer Nation […]. Aus ihr kann, nach dem Rath und unter Leitung seiner Lehrer, wöchentlich jeder Zögling ein Buch zum Durchlesen erhalten« (1820).
Als diese Bibliothek 1902 aufgelöst wurde kam mehr als die Hälfte ihres Bestandes in die sogenannte Hauptbibliothek, wie die Bibliothek des Waisenhauses zu dieser Zeit genannte wurde. Bis zum heutigen Tage lassen sich so zahlreiche Bücher mit dem Besitzstempel und handschriftlichen Provenienzeintragungen des Königlichen Pädagogiums finden. Auf der Grundlage der heute noch in der Bibliothek der Franckeschen Stiftungen physisch vorhandenen 1.094 Titel aus dem ehemaligen Bestand der Oratorischen Bibliothek sowie der beiden erhalten gebliebenen Bibliothekskataloge und des Auflösungsverzeichnisses wurde eine Rekonstruktion des Gesamtbestandes vorgenommen, der um 1865 mehr als 2.750 Titel umfasste.
So beleuchtet die Broschüre kurz den oratorischen Unterricht am Königlichen Pädagogium, führt in die Geschichte und die Anschaffungspraxis dieser besonderen Bibliothek ein, um dann anhand des einzigen gedruckten Bibliothekskatalogs von 1838 eine Bestandsanalyse vorzunehmen und die Nutzung der Bibliothek vorzustellen.
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