Die romantische Konzeption einer objektiven Poesie
Friedrich Schlegels Poesiebegriff dargestellt anhand der literaturkritischen Schriften
Produktform: Buch / Einband - flex.(Paperback)
Der Verfasser legt hier seine Gießener Habilitationsschrift des Jahres 1971 erneut vor. Das umfangreiche Literaturverzeichnis ist auf den heutigen Stand gebracht. Nachträgliche stilistische Eingriffe, vorgenommen an einigen wesentlichen Punkten, haben dafür gesorgt, daß der neue Text jedenfalls nicht schlechter zu lesen ist als der alte. Dieser war seinerseits schon durch das Bemühen des Verfassers gekennzeichnet, die höchst komplexe, zum Teil in Fragmenten und Tausenden von nachgelassenen Notizen festgehaltene Gedankenwelt des großen Literatur- und Kulturkritikers Friedrich Schlegel dem Leser auf eine Weise nahezubringen, daß der Zusammenhang, die innere Systematik in dem scheinbar chaotischen Chaos dieses überreichen Geistes sichtbar werden. Elitären, schwierigen Fachjargon hat der Verfasser also nach Kräften zu vermeiden gesucht. Schlegels eigentümliche, seine Kritik fundierende Poetik und Ästhetik, seine Geschichtsphilosophie nicht zu vergessen, sind schließlich schon schwierig genug. Andererseits kann von einem Schlegel-Interpreten nicht erwartet werden, daß er über einen in der gedankenschweren Sphäre der Philosophie des deutschen Idealismus großgewordenen Autor in einem mühelos zu konsumierenden Diskurs handelt, dazu noch im Rahmen einer Studie, die sich in die Usancen eines altehrwürdigen akademischen Rituals zu fügen hatte. – Keine Frage, daß Friedrich Schlegels kritischer Grundimpetus zumal in den Anfängen, aber in gewandelter Form auch später noch darauf abzielt, über die literarischen und kulturellen Verhältnisse seiner eigenen Zeit nicht nur abstrakt zu theoretisieren, sondern durch literarisches Handeln, durch den Einsatz auch ganz neuartiger Text- und Publikationsstrategien an der Veränderung jener Verhältnisse zum Besseren hin tatkräftig mitzuwirken. Das ist einer der der Gründe, weshalb die vorliegende Monographie sich methodisch in erster Linie an den zu Lebzeiten Schlegels publizierten, in voller „öffentlicher“ Verantwortung verfaßten literaturkritischen Arbeiten orientiert. In ihnen tritt Schlegel als Kritiker (im anspruchvollsten Sinn des Worts) mit noch heute faszinierender sprachlicher und intellektueller Kraft und Energie hervor. Der weitverzweigte, erst in jüngerer Zeit edierte Nachlaß Schlegels ist deshalb aber keineswegs vernachlässigt worden. Vielmehr wird das dort anfallende Material unter anderem in den zahlreichen Fußnoten des Buchs zur Erhellung der im Haupttext vorgetragenen Analysen ständig mit herangezogen – dies auch in der Absicht, zugleich einen Eindruck von der einzigartigen Universalität und Offenheit der Schlegelschen Reflexion zu vermitteln. – Die Untersuchung leistet zweierlei: Zum einen wird der Gang der Entwicklung Schlegels als Kritiker geradezu minutiös nachgezeichnet – von dem sogenannten „Studium“-Aufsatz (1795/97) und der Rezension des Jacobischen „Woldemar“ (1796) über die „Wilhelm Meister“-Charakteristik (1798) und das große, vielseitige „Gespräch über die Poesie“ (200) bis hin zu der späten Auseinandersetzung mit Lamartines „Méditations poétiques“ und dem dichterischen Schaffen Lord Byrons (1820) – Zum anderen sind in der hier manifesten außerordentlichen Mannigfaltigkeit der einzelnen kritischen Ansätze die ebenso imponierende Konsistenz und die Kontinuität der zentralen Ideen Schlegels in den Blick gehoben worden. Daß ein totaler Bruch existiere zwischen dem frühen, „witzigen“, „ironischen“ Schlegel, der angeblich unentwegt Tabus und Konventionen verletzt, und dem „späten“ Schlegel, der sich angeblich unkritisch und resigniert dem Metternichschen System und dem Katholizismus in die Arme geworfen habe, daß infolgedessen – da Schlegel der repräsentative kritische Kopf der deutschen (und der europäischen) Romantik war – auch ein ähnlich gravierender Bruch zwischen der frühen und der späten Romantik konstatiert werden müsse - dieser in der Forschung, auch in der öffentlichen Meinung noch immer vorherrschenden Auffassung wird in Mennemeiers Schrift mit aller philologischen Umsicht eine andere Sicht der hier zur Debatte stehenden Dinge entgegengestellt. Im Ausgang von dem Begriff der „objektiven“ Poesie, wie ihn Schlegel in seiner frühen, politisch-literarischen Kampfschrift „Über das Studium der griechischen Poesie“ mit einer schon hier für diesen Autor typischen dialektischen Verve entwickelt hat (übrigens im schärfsten Widerspruch zu der heutigen Bedeutung des Worts „objektiv)“, gelingt es dem Verfasser, ein für Schlegel entscheidendes, in seinen Augen alle wahre Literatur und Literaturkritik allererst ermöglichendes, „absolutes“ ästhetisches Moment der künstlerischen Reflexion herauszuarbeiten. Es handelt sich für Schlegel dabei um eine tiefverborgene Kraft der Phantasie und der Sprache, wirksam z.B. in der allgegenwärtigen sanften „Ironie“ des Goetheschen „Wilhelm Meister“ ebenso wie in der „gesellschaftlichen“ Prosa eines Lessing und Forster; es ist eine Energie, die alle Anweisungen einer herkömmlichen Regelpoetik aufs entschiedenste negiert. Indem das vorliegende Werk diese Tiefenschicht der diversen Schlegelschen Kritiken und Charakteristiken ans Licht bringt, widerspricht es der gängigen Meinung, in der Epoche der deutschen Romantik habe durchweg das „Subjektive“ vorgeherrscht, etwa auch noch in dessen modernster, jegliche positive Norm eines Höheren, Unendlichen, Allgemeingültigen leugnender Gestalt.weiterlesen
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