Die Ästhetik und Poetik der Erinnerung in W.G. Sebalds Roman Austerlitz
Produktform: Buch / Einband - flex.(Paperback)
Studienarbeit aus dem Jahr 2010 im Fachbereich Germanistik - Neuere Deutsche Literatur, Note: 1,0, Technische Universität Dresden, Sprache: Deutsch, Abstract: 1. Einleitung – Problemstellung und Zielsetzung
„Also: es ist möglich, fast ohne Erinnerung zu leben, ja glücklich zu leben, wie das Tier zeigt; es ist aber ganz und gar unmöglich, ohne Vergessen überhaupt zu leben.“
So schrieb Friedrich Nietzsche in seinem Werk „Unzeitgemäße Betrachtungen“ von 1899.
Interessant ist das Zitat deshalb, weil es zu einem gewissen Grad die zwiespältige Situation des Protagonisten Jacques Austerlitz des Romans Austerlitz von Winfried Georg Sebalds (1944 – 2001) widerspiegelt.
Als Kind und Jugendlicher aufgewachsen in England ohne Erinnerung an und ohne Wissen über seine Herkunft, lebt Austerlitz viele Jahrzehnte, vielleicht nicht „glücklich“, aber ohne größere Aufregungen sein Leben, ehe eine blitzartige Vision auf dem Bahnhof den ersten Stein aus der Mauer des Vergessens bricht, die er über Jahre um sich herum aufgebaut hat. Innerhalb von mehreren Jahrzehnten sucht Austerlitz die Bruchstücke seiner deutsch-jüdischen Vergangenheit und die seiner Eltern zusammen; eine aufreibende Suche, die ihn verschiedene psychosomatische Beschwerden und sogar einen Nervenzusammenbruch erleiden lassen.
Hier dran zeigt sich, wie wichtig und notwendig das Vergessen für Austerlitz’ Seelenleben auf der einen Seite war; andererseits nagten die verdrängten und unbewussten Erinnerungen an ihm und versuchten sich gewaltsam einen Weg ins Bewusstsein zu bahnen. Fast scheint es, als könne Austerlitz weder mit noch ohne Erinnerung glücklich leben, und bleibt damit ein Rastloser, wie auch andere Figuren aus Sebalds Werken wie Schwindel.Gefühle (1990), Die Ausgewanderten (1992) und die Ringe des Saturns (1995):
Sebalds Wanderer sind Geisteskranke, Melancholiker oder Neurotiker, wie man sie nennen will. Sie sind besessen von Scham und Grauen, wiederkehrende Motive. Der Mensch ist Verstörungen ausgesetzt, die nicht von ihm verursacht wurden, sondern aus der Vergangenheit stammen, und oft, namentlich bei Jacques Austerlitz, […], aus verdrängten Erinnerungen.
W.G. Sebald, der in Deutschland 1944 geboren wurde, in der Schweiz studierte und in England als Lektor arbeitete und später als Professor lehrte, war selbst nicht nur ein Ausgewanderter, sondern auch ein Wanderer: „Viele seiner Literatur-Geschichten sind Mischungen aus Reflexion, Bericht, Nacherzählung, die beim Gehen über Land formuliert wurden und beim Sinnieren während des Wanderns oder des Innehaltens vor entdeckten Erzählanstößen.“
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