Noch Fragen? 0800 / 33 82 637

Die Suche nach Sinn und Geborgenheit in der "Postmoderne" - Drei dialektische Annäherungen

Produktform: Buch / Einband - flex.(Paperback)

Kroetz’ Absicht in seiner frühen Schaffensphase war, diesen Teufelskreis aufzudecken, was jedoch oftmals von Rezipienten missverstanden wurde. Man sprach von „. auffällig stigmatisierte[n]“ Außenseiter[n], die allenfalls als Vertreter von Randgruppen der Gesellschaft repräsentativen Charakter beanspruchen können. und von „sozial beschädigte[n] Randexistenzen unserer Gesellschaft, die sich in extremen Situationen befinden.“, womit einige Kritiker dem Stück Allgemeingültigkeit absprechen wollten. Man muss jedoch dagegenhalten, dass in der Realität die Grenzen zwischen einem sicheren Stand im Leben und dem Status des Herumgestoßenen sehr fließend sind: Ein wichtiger Faktor für Sepps schwierige Situation ist sein fortgeschrittenes Alter (S. 13, I.4.; S. 29, III.1.), wegen Beppis unehelichem Kind müssen die Stallers die Brandmarkung der Dorfgemeinschaft fürchten (S. 28–29, III.1.; S. 38, I.2.). Der Autor setzte sich in seinem Aufsatz „Meine Männersache“ mit dem oben angesprochenen Vorwurf ausführlich auseinander. Mit folgendem Kommentar Kroetz’ soll diese Untersuchung schließen: „. Wie viele Menschen gibt es, die Heimarbeit machen. Wie viele Leibesfrüchte werden in der Bundesrepublik tagtäglich von Pfuschern, von Engelmachern abgetrieben. Vielleicht eine Million? Und kann man bei einem Volk von 60 Millionen guten Gewissens sagen: Na ja, eine Million, vielleicht auch ein bissel mehr, das ist halt der Preis des Wohlstands, das ist halt der menschliche Müll, die müssen halt draufgehen – Schicksal! Man kann es nicht sagen. Wenn man unsere 60 Millionen genau unter die Lupe nimmt, dann zerfallen sie zuletzt alle in Randerscheinungen. Die fette Mitte gibt es nicht, sie existiert nur in den Köpfen einiger denkfauler Politiker. Es gibt kein Volk. Es gibt den gewollten oder gezwungenen Zusammenschluss vieler Minderheiten zu einer Masse, die maßlos verschieden ist. Gemeinsam ist allen meinen Figuren die Unfähigkeit, sich genau auszudrücken. Minderheiten? Im Gegenteil: Wer stottert nicht, wenn er vom Chef zurechtgewiesen wird, wer verliert nicht die Sprache, wenn ihm sein privates Liebstes genommen, wenn es ihm zurückgegeben wird?. Wer, wenn er zur Rede gestellt wird, vom Nachbar, von der eigenen Frau, vom Polizisten, vom Vertreter, kann kurz und schlüssig das sagen, was zu sagen er am nächsten Tag genau wüsste?. Was ist denn, wenn ein heutiger junger Mann in der Lage Romeos einem Mädchen wie Julia ein Liebesangebot macht? Er wird nicht wie Romeo einen seitenlangen, großartigen Monolog halten, sondern höchstens ein paar verstümmelte Sätze – sozusagen aus der Hosentasche – fummeln. Woher soll ein Mensch Liebenswürdigkeiten nehmen, wenn er nie gestreichelt worden ist, woher Verantwortung, wenn er als Kind nie gehört hat, brav warst du! Woher Nächstenliebe, wenn ihn die Nächsten nie geliebt haben?. Den Menschen, die diesen Eisberg (der Opfer, die zu Tätern werden – Anmerkung E.M.F.) ausmachen, versuche ich meine Stimme zu geben. Die Reichen können sich selber verteidigen und Gehör verschaffen, sie können sich teure Anwälte nehmen. Wir brauchen kein Theater, das denen, die sowieso alles haben, noch mehr zuschaufelt, wir brauchen Theater, das sich unablässig und unbestechlich um Gerechtigkeit, Frieden und sozialen Fortschritt bemüht.“weiterlesen

Dieser Artikel gehört zu den folgenden Serien

Sprache(n): Deutsch

ISBN: 978-3-932756-34-4 / 978-3932756344 / 9783932756344

Verlag: viademica.verlag berlin

Erscheinungsdatum: 30.11.1997

Seiten: 89

Autor(en): Eva M Fischer

24,00 € inkl. MwSt.
kostenloser Versand

lieferbar - Lieferzeit 10-15 Werktage

zurück