Die Tschechoslowakei in der österreichischen Außenpolitik der Zwischenkriegszeit (1918-1938)
Politische und wirtschaftliche Beziehungen
Produktform: Buch
Nach dem Zerfall des Habsburgerreiches infolge des Ersten Weltkrieges stand der Donauraum vor einer grundlegenden Neuordnung. Anstelle des alten Reiches entstanden eine Reihe von Nachfolgestaaten, deren Verhältnis von ganz anderen Machtverhältnissen geprägt war als die wechselseitigen Beziehungen im alten Imperium.
Der Reststaat Deutsch-Österreich büßte als Verlierer seine dominierende Stellung im Donauraum ein, während die neu entstandene Tschechoslowakische Republik von den Siegermächten wie ein Verbündeter behandelt wurde und als wirtschaftliches Kraftzentrum der Region über weitaus bessere Startchancen verfügte als die übrigen Nachfolgestaaten Österreich-Ungarns. Anfangs waren die bilateralen Beziehungen Österreichs und der Tschechoslowakei vor allem durch die sudetendeutsche Frage und die Modalitäten der Trennung belastet. Zur Überraschung Vieler entwickelte sich in den Zwanziger Jahren aber eine konstruktive Zusammenarbeit, in deren Rahmen die nach wie vor bestehenden Spannungen bewältigt werden konnten. Dabei gerierte sich der tschechoslowakische Außenminister Edvard Beneš wechselweise als Anwalt und als Vormund des politisch schwachen und nach dem Verlust des gemeinsamen Wirtschaftsraums des Habsburgerreiches wirtschaftliche Not leidenden Nachbarlandes. Dieses war auf das Wohlwollen Prags mehr angewiesen war als umgekehrt die mit der damaligen Hegemonialmacht Frankreich verbündete Tschechoslowakei. Gemeinsam standen beide Länder auch im Zentrum der in jener Zeit von den verschiedensten Seiten und mit unterschiedlichen Motiven ins Gespräch gebrachten „Mitteleuropa“-Konzeptionen. Nach einer Phase der Konsolidierung geriet die Region im Zuge der Weltwirtschaftskrise und der Machtergreifung Hitlers im Deutschen Reich wieder in schwereres Fahrwasser. Belastet wurde das bilaterale Verhältnis Österreichs und der Tschechoslowakei dabei vor allem durch die autoritäre Wende in Österreich und die außenpolitische Orientierung Wiens an Italien und Ungarn. Dies erschwerte auch eine Annäherung, als beide Länder seit Mitte der Dreißiger Jahre zunehmend ins Visier der expansionistischen Außenpolitik des Deutschen Reiches gerieten. Obwohl angesichts der existentiellen Bedrohung Österreichs und der Tschechoslowakei eine „Aktionseinheit“ geboten gewesen wäre, hielten sich beide Länder auch weiterhin an ihre „formalen“, einander in herzlicher Feindschaft verbundenen Alliierten in der Kleinen Entente bzw. im Paktsystem der Römischen Protokolle. Dies erwies sich in beiden Fällen als fatale Fehleinschätzung. Während für Österreich kaum Handlungsalternativen bestanden, wurde die tschechoslowakische Außenpolitik in der Endphase der Ersten Republik vom zunehmenden Realitätsverlust Beneš’ gelähmt, der selbst in der Hochphase des Appeasement noch die Fäden in der Hand zu halten glaubte. Dabei sollte sein Land nur ein Jahr nach dem Anschluss das Schicksal Österreichs teilen.
Vorliegendes Buch beschreibt die wechselseitigen Beziehungen Österreichs und der Tschechoslowakei in den dramatischen Jahren zwischen der Auflösung des Habsburgerreiches und dem Anschluss Österreichs an das Dritte Reich aus der Sicht der österreichischen Diplomatie. Neben den politischen Beziehungen beider Länder im Kontext des europäischen Mächtesystems der Zwischenkriegszeit werden auch die wirtschaftlichen Kontakte und die diesbezüglichen Integrationsbestrebungen einer genaueren Betrachtung unterzogen.weiterlesen
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