Lernen ist ein widersprüchlicher Prozess. Es gibt darin nicht bloß eine ›richtige‹ Strategie. Und es gibt nicht bloß Zuwachs. Lernen ist Selbstkritik. Lernen ist als Bewegung unabgeschlossen und oft zwiespältig. Oft lernt es sich ungewollt, während man vergisst, was man lernen will. Menschen reagieren auf frustrierende Verhältnisse mit Lernwiderstand und tragen so zu deren Versteinerung bei. Diese »versteinerten Verhältnisse zum Tanzen zu bringen« braucht Anstrengungen, die von den lernenden Subjekten selbst vollführt werden müssen, um befreiend zu sein. Frigga Haug regt an, die Unruhe des Lernens als etwas Produktives zu denken, ebenso wie die Wider­sprüche, auf die man beim Lernen wie bei der Forschung zum Lernen trifft. Eingreifendes Denken verlangt eine ständige Überprüfung der Denkwerkzeuge, zwingt zu immer neuen Experimenten, setzt die Wahrnehmung der gesellschaftlichen Veränderungen ebenso voraus wie die Diskussion und Auseinandersetzung mit den Menschen, die in diesen Verhältnissen leben und lernen. Nur so ist die Weltlosigkeit der tradi­tionellen Lern­theorien zu überwinden. In dieses Buch eingearbeitet finden sich die wesentlichen Texte aus »Lernverhältnisse« (erschienen 2003 und inzwischen vergriffen, ohne veraltet zu sein). Sie sind überarbeitet und um neuere Beiträge ergänzt. Die kritische Auseinandersetzung mit dem Grundlagenwerk von Klaus Holzkamp wird verlebendigt durch Lerngeschichten von Studierenden und Gruppen, die sich zur Erinnerungsarbeit zusammenfanden; die Gesamtdarstellung enthält Analysen zu Lernarrangements bei Brecht und Virginia Woolf; ein weiterer Schwerpunkt ist die Arbeit mit Lerntagebüchern. Als Leitfaden dient eine autobiographische Aufarbeitung eigenen Lernens.weiterlesen