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Dieter Roth: Schöne Scheiße. Dilettantische Meisterwerke

Dilettantische Meisterwerke

Produktform: Buch

Manch einem mag der für die Ausstellung und den Katalog gewählte Titel wie eine billige Provokation erscheinen. Er ist jedoch tatsächlich wörtlich zu verstehen. Zum einen hat Dieter Roth seine künstlerische Arbeit oft mit Verdauungsmetaphern beschrieben, zum anderen prägt der Wunsch, die vermeintlichen Gegensätze von Schönheit und Abfall, von Dilettantismus und künstlerischer Meisterschaft zu vereinen, sein gesamtes künstlerisches Schaffen. Das Museum Ostwall beherbergt in seiner Sammlung zahlreiche Werke des Fluxus und angrenzender Kunstformen der 1960er und 1970er Jahre. In dieser Zeit verändert sich das Verständnis von künstlerischer Autorschaft grundlegend. Bis dahin galt die Vorstellung eines Künstler-Genies, dessen spezifisches, meisterhaftes Können sich im Kunstwerk ausdrückt. Nun aber entstehen Gruppenarbeiten, die keine Rückschlüsse auf den individuellen Anteil der beteiligten Künstler zulassen, und alltägliche Handlungen und Ereignisse werden zum Gegenstand der Kunst. Auch sind die verwendeten Materialien jetzt oft Dinge des täglichen Gebrauchs oder Abfallprodukte. Die künstlerische Idee gewinnt ein größeres Gewicht als die „meisterhafte“, d.h. handwerklich präzise und materiell wertvolle Umsetzung. Auch Dieter Roth sucht in dieser Zeit nach neuen Ausdrucksformen. Als ausgebildeter Werbegrafiker hatte er seine künstlerische Laufbahn zunächst mit präzisen konstruktivistischen Arbeiten begonnen. Nun wendet er sich einer stärker alltagsorientierten Kunst zu. Grund dafür ist der ständige Zweifel an den eigenen künstlerischen Fähigkeiten und die verzweifelte Suche nach seinem Platz in der Welt – als Mensch, wie auch als Künstler. Roth schwankt zwischen manischen und depressiven Phasen, empfindet sich heute als Genie und Alleskönner, morgen als Versager. Er experimentiert mit verschiedensten Medien: Druckgrafik, Musik, Schimmelbilder, Videokunst bis hin zur Dichtung. Mit Selbstironie bändigt er seinen Neid auf Künstlerkollegen und wappnet sich gleichzeitig gegen Kritik. Eine Reihe von Gedichtbänden betitelt er als „Scheisse-Bücher“, denn: „Ich wollte ungestraft das Beschissene anbieten dürfen […].“ Roth, der Tausendsassa und doch vermeintliche Nichtskönner…? Der Ausstellungskatalog wie auch die Ausstellung nehmen verschiedene Strategien von Autorschaft Dieter Roths ins Visier: Welche künstlerischen Strategien wählt Roth, um sein Verhältnis zur Welt zum Ausdruck zu bringen? Welches Selbstverständnis – als Künstler und als Mensch – kommt in Roths Werken zum Ausdruck? Die Bandbreite der Arbeiten zeigt: Roth ist ein Suchender. Die Frage, ob er der Welt überhaupt etwas mitzuteilen hat, schwingt in vielen Werken ebenso mit, wie das Sich-Messen mit anderen Künstlern. Roths Suche beinhaltet oft ein Scheitern und Wieder-neu-Ansetzen – ein Prozess, der in manchen Werkgruppen durch ständiges Überarbeiten, Übereinanderschichten und Korrigieren sichtbar wird. Viele Arbeiten Roths sind bzw. werden niemals fertig. Dieses permanente Scheitern am Meisterwerk, die Zurschaustellung des Unperfekten, Unzulänglichen – kurz: Dilettantischen – wird schließlich zur Reflexion über das Kunstmachen selbst. Begleitend zur gleichnamigen Ausstellung (21.5.-28.8.2016) im Museum Ostwall im Dortmunder U bietet der Katalog tiefergehende Einblicke und Erörterungen zu Dieter Roths Werk, das eng mit seinem Leben verwoben ist. Er enthält darüber hinaus eine kompletten Werkliste der insgesamt rund 200 Arbeiten Dieter Roths aus der Sammlung des Museums Ostwall sowie der rund 200 Werken aus der Dieter Roth Sammlung Spankus, die von nun an als Dauerleihgabe im Museum Ostwall verwahrt werden, so dass die Publikation bis auf Weiteres als Bestandskatalog der Arbeiten Dieter Roths im Museum Ostwall fungiert. weiterlesen

Sprache(n): Englisch, Deutsch

ISBN: 978-3-925998-58-4 / 978-3925998584 / 9783925998584

Verlag: Stadt Dortmund

Erscheinungsdatum: 21.05.2016

Seiten: 280

Auflage: 600

Übersetzt von Tim Chafer, John Brogden
Beiträge von Kurt Wettengl
Autor(en): Nicole Grothe, Daniela Ihrig
Vorwort von Regina Selter
Umschlaggestaltung von Daniel Buchholz, Jan Wagner-van der Straten
Fotograf: Jürgen Spiler

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