Als sie den Nachlass ihres Mannes ordnet, stößt die Witwe auf einen unerwarteten
Fund: den Briefwechsel zwischen ihrem Mann und dessen erster Ehefrau. Sie liest zunächst aus zögerlicher Neugier, dann schon beinahe zwanghaft und vertieft sich immer mehr in die Intimitäten der Beziehung zwischen ihrem Mann, dem Kunsthistoriker, und seiner früheren Ehefrau, einer Malerin. Er zeigt sich ihr Schritt für Schritt als
ein völlig anderer als der, den sie zu kennen glaubte, den sie geliebt und geachtet hat.
Ihr offenbart sich die Geschichte einer Liebe und einer Ehe, die auch von Tragik nicht
frei ist, in der die neuzeitliche Änderung der uralten instinktiven Rolle des weiblichen
Geschlechts insgeheim das gegenseitige Vertrauen und den Zusammenhalt untergräbt. Ihre Sehnsüchte und Ambitionen prallten in ihren Seelen und ihrem Nervensystem beinahe täglich aufeinander, und das hat ihr Schicksal schließlich unwiderruflich besiegelt. Ihre Geschichte ist ein Beispiel dafür, dass sich bislang weder Frauen noch Männer an all die Änderungen gewöhnt haben, die die Emanzipation über die gesetzlichen Rahmenbedingungen und die Umsetzung im öffentlichen Leben hinaus für den einzelnen Menschen in den tiefen Schichten einer Partnerbeziehung bedeutet: daran, dass die Frau aus der einer einst auf Fürsorge angewiesenen oder bereitwillig dienenden besseren Hälfte zur Konkurrentin des Mannes geworden ist.weiterlesen