EIKON #126
Internationale Zeitschrift für Photographie und Medienkunst / International Magazine for Photography and Media Art
Produktform: Buch / Geheftet
„Jede Zeit braucht ihre Utopie(n). Eine Gesellschaft, die ihre Entwicklung nicht mehr reflektiert, ist unheimlich, eine Monstrosität. Doch utopische Spekulationen erscheinen heute in einem eher fragwürdigen Licht. [ … ] Utopisches Denken gilt als naive, gefährliche Hybris.“ (1) Zaha Hadids und Patrik Schumachers bereits vor über 20 Jahren verfasstes Plädoyer erscheint heute aktueller, ihre Forderung dringlicher denn je: Die Horrorszenarien angesichts von Klimakollaps, Kriegen und Konflikten – begleitet von rasanten Entwicklungen im Bereich der Künstlichen Intelligenz, die derzeit (noch?) unreflektiert bleiben (vgl. das Interview mit Petra Schaper Rinkel, S. 64ff.) – sind so präsent, dass der Idee der Utopie etwas Anachronistisches anhaftet.
Auch die Künstler:innengruppe alien productions, die im Zentrum des vorliegenden Heftfokus „AI meets Art“ steht, stellt fest, dass die Zukunft nicht zuletzt „aufgrund der Allgegenwärtigkeit von KI, Big Data und Deep Learning zu einem Ort diffuser Ängste geworden ist“(2). Die Forderung, die sich für Martin Breindl, Norbert Math und Andrea Sodomka, die hinter dem Kollektiv stehen, ergibt, ist schlicht und einleuchtend: „Was wir brauchen, sind bessere Utopien.“ Durch den Einsatz von genau der Technologie, die, „je nach Sichtweise, menschliche Intelligenz erweitert oder bedroht“, versuchen sie mit Performing Utopia, einer KI-Oper, für die Künstliche Intelligenzen eigens anhand historischer utopischer Texte trainiert wurden und bei deren Aufführung dann menschliche und artifizielle Stimmen interagieren, einen „musikalisch-philosophischen Disput über Möglichkeitswelten“ zu schaffen – ein fantastisches Unterfangen, das hier in einem ausführlichen Essay von Merzmensch (S. 54ff.) geschichtlich verortet wird. Und so ist Performing Utopia tatsächlich zu einem Hybrid aus menschlichen und künstlichen Intelligenzen und Auffassungen geraten – „im Sinne einer posthumanistischen Ökologie, nämlich der Erkenntnis, dass nur intelligente Netzwerke überlebensfähig bleiben, egal ob der Mensch daran beteiligt ist oder nicht“.
Nela Eggenberger
für EIKON, Mai 2024
(1) Zaha Hadid, Patrik Schumacher, Latente Utopien. Experimente der Gegenwartsarchitektur, Wien–New York 2002, S. 3.
(2) Dieses Zitat sowie alle folgenden siehe https://alien.mur.at/performing-utopia/index.html.weiterlesen
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