Eine gebrochene Sammlung
Die Städtische Kunstsammlung in Neubrandenburg (1890-1945) - Rekonstruktion der während des Zweiten Weltkrieges verlustig gegangenen Sammlung als Beispiel für Kulturgutverluste kleinere Museen in Mecklenburg.
Produktform: Buch / Einband - flex.(Paperback)
„Neubrandenburg: Kunstsammlung der Stadt entdeckt.“ „Thema der Woche: Scherbenspur der Kunstsammlung. Die Sensation im Brandschutt des Palais.“
Diese und weitere Meldungen in überregionalen und regionalen Medien lenkten am 17.8.2007 eine breite öffentliche Aufmerksamkeit auf die tragische Geschichte der Städtischen Kunstsammlung in Neubrandenburg. Bereits im Sommer 2006 wurden bei archäologischen Grabungen die Kellerräume des ehemaligen Standortes des Museums, der Südflügel des Palais, freigelegt und dabei völlig überraschend zerscherbte und stark überfeuerte Überreste der Städtischen Kunstsammlung aufgefunden. Diese sind zum so genannten Tag des offenen Denkmals am 9.9.2007 durch das Landesamt für Kultur und Denkmalpflege Mecklenburg-Vorpommern in das Eigentum der Kunstsammlung Neubrandenburg als Nachfolgeeinrichtung überführt und erstmalig in einer Ausstellung vorgestellt worden. Tausende von Porzellan-, Terrakotta- und Natursteinscherben sowie beschädigte und zerschmolzene Metallobjekte sind die wenigen Zeugnisse des einzigen bürgerlichen Kunstmuseums im ehemaligen Großherzogtum Mecklenburg-Strelitz.
Die Städtische Kunstsammlung verdankte ihr 55 Jahre währendes Bestehen von 1890 bis zu ihrem Totalverlust 1945 den Stiftern Heinrich (gen. Henry) Stoll (1822–1890) und August Schmidt (1825–1911). Beide hatten ihre Sammlungen der Heimatstadt Neubrandenburg vererbt, mit der Bestimmung, sie in einem kommunalen Kunstmuseum zugänglich zu machen. Beim Brand der Neubrandenburger Innenstadt während der Kampfhandlungen in der Endphase des Zweiten Weltkrieges, in der Nacht vom 29. auf den 30.4.1945, sind nicht nur der Standort des Museums und dessen historischen Dokumente zerstört worden, das Museum ist überdies aus dem öffentlichen Gedächtnis verschwunden. Ernsthafte Recherchen ab 1945 nach dem Verbleib der Bestände unterblieben.
Als wissenschaftliche Mitarbeiterin der Kunstsammlung Neubrandenburg fühlte sich die Verfasserin seit 1998 zu eigener Forschung über die Sammlungsgeschichte, zu den Beständen sowie zur Recherche nach den Kriegsverlusten verpflichtet. Bekannt war bis zu diesem Zeitpunkt im Wesentlichen die historische Existenz des Museums. In Auswertung der Neubrandenburger Zeitung von 1890 bis 1934 sowie der durch d. Vfn. im Amtsgericht Neubrandenburg erschlossenen Nachlassunterlagen beider Stifter entstand 2001 eine erste Publikation zur Geschichte der Städtischen Kunstsammlung, die die Umstände der Nachlassübernahme und ihre Historie in Grundzügen rekonstruiert , sowie 2004 ein Verzeichnis der kriegsbedingt vermissten Kunstwerke , deren Verluste bereits 2003 der Koordinierungsstelle für Kulturgutverluste in Magdeburg angezeigt wurden und hier nicht wiederholt publiziert sind.
Anlass für die vorgelegte Promotionsschrift war die Entdeckung der Überreste der Städtischen Kunstsammlung im Jahr 2006. Erstmals sind Teile des Altbestandes, wenn auch zerstört, verfügbar und konnten somit ausgewertet werden. Ein weiterer Beweggrund für die kunsthistorische Auseinandersetzung war das der Vfn. gegenüber mündlich geäußerte Unverständnis über die genannte Erstausstellung der scheinbar wertlosen Scherben und der Beschäftigung mit diesen, ist dieses doch Ausdruck einer Missachtung des ideellen Wertes der Fragmente und zugleich Sinnbild für einen Traditionsverslust in der Stadt Neubrandenburg. Darüber hinaus suchte die Vfn. nach Erklärungen für das gesellschaftliche Desinteresse politisch Verantwortlicher in Neubrandenburg an der Aufklärung des Verlustes eines regional bedeutsamen Kunstmuseums.
Der Totalverlust einer Sammlung impliziert die Frage nach dem generellen Umgang mit diesem und nach den Gründen einer Nichtfahndung nach ihr. Dabei war zu klären, ob das Desinteresse an der Aufklärung ein Neubrandenburger Phänomen ist oder allgemeine politische Zwänge und Tabus in der DDR dafür verantwortlich waren. Gleichfalls war zu eruieren, ob eine verschollene Sammlung zu rekonstruieren sei, verlustig gegangene Konvolute über Duplikate, Kopien und Nachausformungen zu ergänzen oder die Bestandslücke als historisch bedingte Tatsache zu akzeptieren seien. Darüber hinaus galt es herauszuarbeiten, ob es möglich und angemessen ist, mehr als 70 Jahre nach Ende des Zweiten Weltkrieges, nach kriegsbedingt vermissten Kulturgütern zu forschen. Ausgehend von der Situation der Kunstsammlung Neubrandenburg stellte sich die Frage nach der generellen Möglichkeit kleinerer Museen mit angespannter personeller Situation zu dieser aufwändigen Recherche. In diesem Zusammenhang galt es auch, die Stellung kleinerer deutscher Museen, deren verlustig gegangene Bestände in keinem Verhältnis zu denen der bedeutenden großen Museen stehen, bei zwischenstaatlichen Rückgabeforderungen aufzuzeigen und eine für sie zuständige Interessensvertretung auszuweisen.
Die aufgefundenen Teile der Neubrandenburger Sammlung sind, auf Grund ihrer Schadensbilder, eindringliche Zeugen des Zweiten Weltkrieges. Daraus ergibt sich die aus ihrer ideellen Bedeutung heraus resultierende Fragestellung nach dem Umgang mit den zerstörten Fragmenten einer im Grunde nicht mehr vorhandenen Sammlung. Muss dieses Konvolut restauriert werden, sind die erforderlichen finanziellen Mittel dafür gerechtfertigt, gesellschaftlich zu akzeptieren und wenn ja, wie kann diese den ‚historischen Verletzungen‘ angemessen vollzogen werden? Sind diese ‚Scherben‘ ausstellungswürdig, welche Möglichkeiten einer Präsentation ergeben sich in Bezug auf ihre Geschichte?
Die besondere Herausforderung dieser Promotionsschrift lag in dem Nichtmehrvorhandensein des Untersuchungsgegenstandes und den äußerst geringen verfügbaren bildlichen Überlieferungen, in der Vernichtung der Inventarlisten und sämtlicher historischer Unterlagen der Sammlung sowie, auf Grund des großen zeitlichen Abstandes zum historischen Geschehen, in dem Fehlen von belastbaren Zeitzeugen als Wissens- und Erlebnisträger.
Im Unterschied zur genannten Publikation über die Geschichte der Sammlung stellt diese Arbeit eine Grundlagenforschung zu einer im Zweiten Weltkrieg verschollenen Sammlung in Mecklenburg dar.
Als Voraussetzung für eine erneute Sichtbarkeit der Städtischen Kunstsammlung nach 73 Jahren war ihre 55-jährige Museumshistorie zu rekonstruieren und in den kulturellen und soziohistorischen Kontext zu stellen. Aus diesem Grund folgt die Promotionsschrift einer Herangehensweise, bei der die herausgearbeiteten generellen Entwicklungslinien einzelner relevanter Teilbereiche auf den Untersuchungsgegenstand übertragen wurden. Darüberhinaus war die Sammlung an sich, durch die Ermittlung nicht mehr vorhandener Sammlungskonvolute, ihrer Fehlstellen also, so weit als möglich zu rekonstruieren. Diese Untersuchungen waren auch die Grundlage für die Wertermittlung der Sammlung. Die 2006 aufgefundenen zerstörten Objekte, als verfügbarere Bestandteile der Sammlung, sind durch stilkritische und ikonografische Methoden identifiziert und kunsthistorisch eingeordnet worden. Mit dem Werkverzeichnis der zurückerlangten Objekte sind diese erstmals inventarisiert und vollständig zugänglich. Sie stehen damit der Forschung zur Verfügung.
Für diese Schrift wurden alle verfügbaren und erschlossenen Quellen ausgewertet: Die im Amtsgericht Neubrandenburg aufgefundenen Primärquellen zur Stiftungsübernahme umfassen Akten des Magistrats der Vorderstadt Neubrandenburg bezüglich der Nachlässe von Henry Stoll (1822–1890) und August Schmidt (1825–1911) der Jahre von 1890 bis 1892, 1911 sowie Nachlassakten des Vaters Johann Stoll (1796–1880) von 1864 bis 1890. Darüber hinaus wurden Akten des Großherzoglichen Amtsgerichts in Bezug auf die Errichtung des Testaments von Henry Stoll der Jahre von 1887 bis 1891 in die Untersuchung einbezogen. Ratsprotokolle des Neubrandenburger Magistrats von 1890 bis 1922, eine erneute Auswertung der Neubrandenburger Zeitung aus den Jahren von 1890 bis 1934 sowie erstmalig ebendort bis 1943 dienten der Klärung der historischen Vorgänge. Im Landeshauptarchiv Schwerin ist Einsicht in sämtliche relevanten Aktenvorgänge genommen worden. Zur Ermittlung der Personenstandsdaten beider Stifter und ihrer Eltern sind das Tauf- und Sterberegister des Landeskirchlichen Archivs Schwerin sowie die im Stadtarchiv Neubrandenburg befindlichen Sterberegister und der Bestand Standesamt herangezogen worden. Die in den Nachlassunterlagen Henry Stoll enthaltenen Inventurlisten der Gemälde , ein von ihm selbst gefertigtes unvollständiges Grafikverzeichnis und eine Aufstellung der Bücher sowie die im Stadtarchiv Neubrandenburg erhalten gebliebenen Versicherungspolicen aus den Jahren 1890, 1924 und 1936 sind für die Bestandsanalyse sowie dessen Wertermittlung ausgewertet worden. Darüber hinaus ist das umfangreichste ehemals private Kunstarchiv in Deutschland, das Archiv Werner Kittel (*1945), in Bezug auf die ermittelten Gemälde der Sammlung gesichtet worden. Für die Identifizierung der Fragmente aus Porzellan wurden Unterlagen im Unternehmensarchiv der Staatlichen Porzellan-Manufaktur Meissen GmbH sowie im Archiv der Königlichen Porzellanmanufaktur Berlin (Land Berlin) der Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg (KPM-Archiv) herangezogen. Da ab 1933 keine Meldungen mehr in der Neubrandenburger Zeitung in Bezug auf die Städtische Kunstsammlung zu verzeichnen sind, wurden, um die Sammlungshistorie abzubilden und in die gesellschaftlichen Bedingungen der NS-Herrschaft einzuordnen sowie als Versuch, die Verlustumstände aufzuklären, relevante Aktenvorgänge im Bundesarchiv Koblenz, Außenstelle III Berlin, gesichtet. Im Bundesarchiv befinden sich darüber hinaus in den Beständen des ehemaligen Berlin Dokument Center (BDC) personenbezogene Daten aus der Mitgliederpartei der NSDAP und aus Teilen des Parteiarchivs der NSDAP, die unter anderem in Hinblick auf den von 1934 bis 1945 amtierenden Leiter der Städtischen Kunstsammlung, Walter Günteritz (1888–1962), ausgewertet wurden. In Bezug auf die Verlustproblematik sind im Bundesarchiv der Bestand Ministerium für Kultur (DDR) und die Unterlagen des Bundesbeauftragten für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik (BSTU), Ministerium für Staatssicherheit (MfS), Bezirksverwaltung Neubrandenburg, Abt. XV im Archiv der Außenstelle Neubrandenburg, eingesehen worden. Weiterhin ist der Fundus 962 des Komitees für Angelegenheiten der Künste beim Ministerrat der UdSSR der Jahre von 1936 bis 1953 aus dem Russischen Staatsarchiv für Literatur und Kunst, Moskau, in Bezug auf einen möglichen Abtransport der Bestände in die UdSSR durch persönliche Einsichtnahme geprüft worden. Dieser Fundus in russischer Sprache befindet sich als Kopie im Kunstarchiv des Germanischen Nationalmuseums in Nürnberg.
Eine besondere Betrachtung erfuhr die Museumslandschaft auf dem Gebiet der ehemaligen Großherzogtümer Mecklenburg-Strelitz und Mecklenburg-Schwerin. Beide Landesteile des Mecklenburgischen Fürstenhauses wurden erst mit der Gründung der Freistaaten Mecklenburg-Strelitz und Mecklenburg-Schwerin nach 1918 politisch selbstständig und von 1934 bis 1945
erneut zum Land Mecklenburg vereinigt. Mecklenburg unterstand von 1755 bis 1918 der landständischen Verfassung, einem Vertragswerk zwischen den Fürstenhäusern und den Landständen, welches die Einführung einer absolutistischen Macht verhinderte und ein spätfeudales System bis 1918 manifestierte. Mecklenburg gehörte somit bis 1918 zu den rückständigsten Staaten auf deutschem Territorium. Vor diesem politischen und ökonomischen Hintergrund ist die Gründung von Museen in diesen Landesteilen vergleichbar. Eine Ausweitung der Untersuchung auf das jetzige Land Mecklenburg-Vorpommern beinhaltete die Region Vorpommern. Diese schwedische Provinz wurde mit den Beschlüssen des Wiener Kongresses 1815 als Provinz Pommern dem wirtschaftlich starken Preußischen Staat zugeschlagen, hatte jedoch auch eine randständige Bedeutung. Direkte Vergleiche mit Museen gleicher Größe wurden bei der Erarbeitung der Schrift angestrebt, haben sich aber nicht ermöglicht. Sie wurden aus Gründen der nicht gegebenen Analogie sowohl der Sammlungsgenese als auch der Verlustproblematik nicht in die Untersuchung einbezogen.
Ein Schwerpunkt der Untersuchung auf Provinzialebene ist auf die bedeutenden Sammlungen in Mecklenburg-Strelitz gerichtet. Sowohl die Herzogliche Sammlung in Neustrelitz als auch das Fritz-Reuter-Museum in Neubrandenburg sind mit dieser Promotionsschrift einer grundlegenden Forschung unterzogen worden. Darüber hinaus ist die Geschichte des Altertumsmuseums in Neubrandenburg als dritte museale Einrichtung der Stadt Neubrandenburg zusammengefasst dargestellt worden.
Die Gliederung der Schrift folgt der Chronologie der Entwicklung des Untersuchungs-gegenstandes.
Das Kapitel 2 behandelt die wichtigsten Entwicklungslinien der Genealogie der Institution Museum von der Spätantike bis in das 1. Drittel des 20. Jahrhunderts, ordnet in diesen Gesamtzusammenhang die Herzoglichen Sammlungen in Mecklenburg-Strelitz und Mecklenburg-Schwerin sowie die bürgerlichen Museumsgründungen in beiden Landesteilen ein.
Ein besonderes Augenmerk ist im folgenden Kapitel 3 auf das Altertumsmuseum sowie das Fritz-Reuter-Museum, als die neben der Städtischen Kunstsammlung in der Stadt Neubrandenburg bis 1945 existierenden Museen, gelegt worden.
Das Hauptkapitel dieser Schrift, das Kapitel 4, vollzieht eine weitgehende Annäherung an die beiden Stifter der Sammlung Henry Stoll und August Schmidt sowie an den ersten Leiter der Städtischen Kunstsammlung in Neubrandenburg, Josef Alterdinger (1874–1934). Es untersucht detailliert die Entwicklung des Museums von 1890 bis 1933. Anhand der Auswertung der wenigen verfügbaren Quellen sowie der aufgefundenen Fragmente ist der Versuch unternommen worden, das nicht mehr vorhandene Profil der Sammlung zu rekonstruieren. Dabei sind die beiden Stiftungen im Einzelnen betrachtet, der verlustig gegangene Gesamtbestand einer stilkritischen und statistischen Analyse unterzogen sowie der heutige Wert der Sammlung ermittelt worden.
Da die Entwicklung der Städtischen Kunstsammlung zwischen 1920 und 1934 eine wesentliche Beförderung durch den Neubrandenburger Kunstverein erfuhr, ist das folgende Kapitel 5 den gesellschaftlichen Ursachen für die Gründung der Kunstvereine in Deutschland im 19. und 20. Jahrhundert und ihrem Wirken, den wenigen in den beiden mecklenburgischen Ländern gegründeten Kunstvereinen sowie insbesondere dem Neubrandenburger Kunstverein gewidmet.
Die Ursachen für die Kriegsverluste des Bestandes der Städtischen Kunstsammlung liegen in den veränderten politischen Verhältnissen während der Periode des Nationalsozialismus. Im Kapitel 6 sind in einem einführenden Teilkapitel die Ursachen der Entstehung der Diktatur des Nationalsozialismus in Deutschland und in Mecklenburg sowie speziell die Kulturpolitik des Staates aufgeführt worden. Besonderes Augenmerk ist in einem zweiten Teilkapitel auf den wirtschaftlichen Aufschwung der Stadt Neubrandenburg gelegt worden. Das dritte Teilkapitel untersucht den Bedeutungsverlust der Sammlung während der Zeit des Nationalsozialismus, die Person und Rolle des von den Nationalsozialisten eingesetzten zweiten Leiters der Städtischen Kunstsammlung, Walter Günteritz (1888–1962), sowie die veränderte Position des Neubrandenburger Kunstvereins zur Sammlung. Das vierte Teilkapitel geht den Ursachen für den Totalverlust nach. Dabei finden sowohl der späte Kriegsverlauf in Neubrandenburg als auch die Verfahrensweisen zum Schutz des kommunalen Kulturgutes in Neubrandenburg als Ursache des Verlustes Beachtung.
Das Kapitel 7 widmet sich der Problematik der so genannten Beutekunst. Es befasst sich darüber hinaus mit den rezeptionsästhetischen und museumspädagogischen Methoden sowie den getroffenen Restaurierungsentscheidungen, die nach dem Auffinden der Fragmente der Städtischen Kunstsammlung angewendet wurden. Neben einem historischen Exkurs zur Problematik der Beutekunst, der die Entwicklung bis zur 1907 vollzogenen Novellierung der bis heute gültigen völkerrechtlichen Regelungen der Haager Landkriegsordnung in Bezug auf das Verbot der Zerstörung oder die absichtliche Plünderung von Kulturgütern darstellt , sind weitere Teilkapitel den vermissten deutschen Kulturgütern im Zweiten Weltkrieg, der so genannten Beutekunst, sowie der diesbezüglichen Situation der Museen auf dem Gebiet der beiden ehemaligen Großherzogtümer bzw. Freistaaten Mecklenburgs gewidmet. Weiterhin ist der Umgang mit Kriegsverlusten während der Existenz der DDR auf die Situation in Neubrandenburg übertragen worden. Dabei werden die Neugründung der Staatlichen Kunstsammlung in Neubrandenburg 1982 als Nachfolgeeinrichtung der Städtischen Kunstsammlung sowie ihre schwierigen räumlichen Verhältnisse in Bezug auf die Bestandserhaltung dargelegt. Die veränderte gesellschaftliche Situation nach 1990 ermöglichte eine offensive Recherche nach den Verlusten. Die dabei bislang von d. Vfn., als wissenschaftliche Mitarbeiterin der Kunstsammlung Neubrandenburg, unternommenen Rechercheansätze werden in einem weiteren Teilkapitel dargelegt. Das abschließende Teilkapitel befasst sich mit der spektakulären Wiederentdeckung von Überresten des Altbestandes und zeigt die Konsequenzen auf, die sich für die Präsentation, die Restaurierung, aber auch für die Erbe-Rezeption ergeben.
Die vorliegende Promotionsschrift ist als Modellbeispiel für kleinere Museen mit Kriegsverlusten – insbesondere im Nordosten Deutschlands – zu betrachten. Sie soll dazu beitragen, die Städtische Kunstsammlung als verlustig gegangenen Bestandteil der kulturellen Identität der Stadt Neubrandenburg begreifbar zu machen. Gleichzeitig können die zu untersuchenden Umstände des tragischen Verlustes und der politisch nicht erwünschten Aufklärung dessen bis 1990 sowie das daraus resultierende zunehmende Desinteresse der Neubrandenburger Bevölkerung an der Existenz dieses städtischen Kunstmuseums dazu dienen, die generelle gesellschaftliche Verantwortung und Sorge für die kulturellen Güter in Gemeinwohl zu verdeutlichen. Die aufgezeigten Möglichkeiten der Recherche nach der Sammlung können als Handreichung und Ermutigung für kleinere Museen mit ähnlicher Ausgangslage betrachtet werden.weiterlesen
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